Inflation und Digitalisierung als Top-Herausforderungen für Versicherer

Naturkatastrophen, Corona-Krise, Ukraine-Krieg – die globalen Umbrüche sind auch für Versicherungsunternehmen spürbar. Einerseits unmittelbar, zum Beispiel in den Schadenaufwänden nach der Flutkatastrophe 2021, andererseits aber auch mittelbar, unter anderem durch die hohe Inflation. Für das laufende Jahr 2022 sowie auch 2023 erwartet die Branche eine jährliche Prämienentwicklung von jeweils etwa + 3,5 Prozent – im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 ein Anstieg um 0,9 Prozentpunkte. Dies sind Ergebnisse einer Branchenbefragung der Managementberatung Horváth.

Die Umsatzerwartungen der Versicherer liegen damit deutlich unter anderen Industriezweigen, die im Schnitt für das Gesamtjahr 2022 einen Umsatzzuwachs von 8,1 Prozent prognostizieren. Auch mit Blick auf 2023 ist der Branchendurchschnitt mit einer erwarteten Umsatzentwicklung von + 6,6 Prozent optimistischer. „Andere Branchen erwarten, Teile des Umsatzes wieder aufzuholen, der in der Corona-Krise weggebrochen ist, während die Versicherer relativ stabil durchgekommen sind“, sagt Martin Müller, Insurance-Experte bei Horváth.

Preis- und Erlösmodelle werden inflationsbedingt überarbeitet

Die größte Herausforderung für die befragten Vorstandsmitglieder ist aktuell der Preisanstieg. Ein Indiz dafür ist, dass die Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen im Vergleich zum Vorjahr an strategischer Bedeutung gewonnen hat. Bezeichnete 2021 nur etwa die Hälfte der Befragten dieses Handlungsfeld als wichtiges Managementthema (52 Prozent), sind es jetzt mehr als drei Viertel (77 Prozent). „Inflationsbedingte Beitragsanpassungen sind zu erwarten, um beispielweise die gestiegenen Ausgaben für Schaden- und Leistungsaufwände auszugleichen, und sind der Haupttreiber für das absolute Prämienwachstum“, erläutert Müller. Auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung sind stärker in den Fokus gerückt. 74 Prozent der Versicherer wollen ihr Produktportfolio und ihre Kapitalanlagestrategie anpassen. „Dies spiegelt sich auch in den zunehmenden Aktivitäten rund um Lebensversicherungen im Run-Off und Bestandsveräußerungen wider“, so der Experte.

Digitalisierung und Cybersicherheit stehen im Fokus

Die größte strategische Priorität hat für die Branche aber weiterhin die Digitalisierung. 80 Prozent bearbeiten diese aktuell mit sehr hoher Priorität, weitere 20 Prozent mit hoher Priorität. Damit ist sie seit 2019 das Top-Thema. Allerdings verschiebt sich der Fokus: von der Kundenschnittstelle hin zu den Backoffice-Prozessen und IT-Kernsystemen. „Dies kann auch als Reaktion auf den absehbaren Fachkräftemangel interpretiert werden“, sagt Martin Müller.

Auch Cybersicherheit gewinnt an Bedeutung. Mehr als die Hälfte der Versicherer bearbeiten dieses Handlungsfeld gerade mit sehr hoher Priorität – der Schutz der Kundendaten und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen ist enorm wichtig. „Nicht zu vergessen ist, dass dies aber auch auf der Produktseite ein interessantes Wachstumsfeld für die Versicherungswirtschaft sein kann“, konstatiert der Horváth-Experte.

Über die Trendbefragung

Für die Branchenbefragung wurde eine repräsentative Auswahl an über 20 Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen befragt. Mit den Teilnehmenden wurden intensive, qualitative Interviews geführt. Diese fanden im Rahmen der großangelegten Horváth-Studie „CxO Priorities 2022“ statt, für die insgesamt 280 Topmanagerinnen und -manager größtenteils im Juni 2022 befragt wurden.

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