Im Juli 2017 schlossen sich der Online-Makler Knip und das niederländische Softwareunternehmen Komparu zusammen. Seit der Fusion agiert das neue Unternehmen mit dem Namen Digital Insurance Group und hat seinen Sitz in Amsterdam. Die Digital Insurance Group bietet eine Plattform für das digitale Versicherungsgeschäft.
Im Gespräch mit Horváth erörtert Ingo Weber, CEO und Gründer der Digital Insurance Group, warum das Konzept der Bancassurance aktuell eine Renaissance erlebt und wieso ein erfolgreiches Kooperationsmodell für beide Partner sinnvoll ist.
WAS WAREN DIE BEWEGGRÜNDE FÜR DIE GRÜNDUNG DER DIGITAL INSURANCE GROUP (DIG) UND WELCHEN MEHRWERT ERHOFFTEN SIE SICH DURCH DIE FUSION VON KNIP UND KOMPARU?
WEBER / Wir haben die Digital Insurance Group gegründet, um Versicherer, Makler und Banken bei ihrer Digitalisierung zu unterstützen. Dabei adressieren wir das größte Problem vieler Unternehmen. Die komplexe und über Jahrzehnte gewachsene IT-Architektur stellt oft die größte Hürde für schnelle Innovationen dar. Wir haben die komplementären Erfahrungen von Knip und Komparu genutzt, um eine neue technologische und datenbasierte Plattform zu entwickeln. Unsere leistungsfähige API-Plattform ermöglicht etablierten Unternehmen die Nutzung ihrer bestehenden IT-Architektur. Ebenso können sie sehr leicht externe Daten aggregieren (Stichwort: Telematik, Gesundheitsdaten, PSD2, GPS) und Services von Drittanbieter integrieren.
Zusätzlich bieten wir eine modulare Front-end-Suite, z.B. Kundenportal, Agentenportal / CRM und verschiedene Module wie Quote & Buy, Claims etc. Versicherer können somit sehr schnell neue digitale Lösungen umsetzen, von der Einführung neuer Produkte bis hin zur Gestaltung von komplexen Ökosystemen. Ebenso unterstützen wir unsere Kunden bei digitalen Bancassurance-Vorhaben.
KNIP WAR EINER DER ERSTEN B2C-ONLINE-VERSICHERUNGSMAKLER IN EUROPA UND HAT IN KURZER ZEIT RUND 700.000 APP-NUTZER GEWONNEN. WORAUF FÜHREN SIE DIESEN ERFOLG ZURÜCK?
WEBER / Versicherungen sind komplex, keiner möchte sich damit gerne beschäftigen. Hinzu kommt, dass jeder Deutsche im Schnitt mehr als 5 Policen bei mehreren Anbietern hat. Ein digitaler Ordner, welcher alle Policen enthält, macht daher sehr viel Sinn. Hinzu kommt die bequeme Art per Chat, E-Mail oder Telefon mit echten Spezialisten zu kommunizieren, die mir als Kunde alle Probleme abnehmen.
HAT SICH ÜBER DIE LETZTEN JAHRE DAS VERHÄLTNIS ZU ETABLIERTEN BANKEN UND VERSICHERUNGEN GEWANDELT? UND FALLS JA, WIE?
WEBER / Anfänglich standen die etablierten Unternehmen den aufstrebenden Fin- und InsurTechs sehr skeptisch gegenüber. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kooperationen für beide Seiten Sinn machen können. Versicherer verfügen über eine hohe Anzahl an Kunden und geringe Kapitalkosten, während Start-ups über neue Technologien, agile Arbeitsweisen und Erfahrungen im „Customer Engagement“ verfügen.
DIE DIG IST AUCH FÜR BANKEN TÄTIG UND UNTERSTÜTZT DIESE BEI DER INTEGRATION VON VERSICHERUNGSLÖSUNGEN IN BESTEHENDE APPS UND E-BANKING-SYSTEME. WARUM IST DIE ZEIT JETZT REIF BANKEN- UND VERSICHERUNGSLÖSUNGEN AUS EINER HAND ANZUBIETEN?
WEBER / Wir erleben aktuell eine Renaissance der Bancassurance. Die jahrelange Niedrigzinsphase hat die Erträge der Banken unter Druck gesetzt. Provisionen für die Versicherungsvermittlung sind daher mehr als willkommen. Darüber hinaus sehen wir einen Trend zur Plattformstrategie, bei der die traditionellen Exklusivitätsvereinbarungen zwischen Banken und Versicherern auf den Prüfstand gestellt werden. Viele Banken möchten gerne als Makler oder zumindest Mehrfachagent tätig werden. Wir unterstützen Banken und Versicherer und bieten integrierte Lösungen aus einer Hand für jedes Kooperationsmodell. Auch das Thema PSD2 bietet neue Möglichkeiten für eine engere Verzahnung von Bankdienstleistungen und Versicherungen.
IN WELCHEN THEMENBEREICHEN UNTERSTÜTZEN SIE IHRE KUNDEN UND WELCHEN VORTEIL BIETET DIE INTEGRATION IHRER LÖSUNGEN?
WEBER / Mit unserer Technologie unterstützen wir zum Beispiel die Zurich Gruppe sowie andere Versicherer weltweit bei ihrer Digitalisierung. Dabei geht es immer um zwei wichtige Themen: Customer Engagement, das heißt wie kann ich den Kunden besser betreuen, neue digitale Services anbieten, Cross-Selling vorantreiben sowie die Kundenbindung und den Share-of-Wallet erhöhen. Wichtig sind zudem die Gewinnung neuer Kunden sowie die Einführung von innovativen und datenbasierten Produkten.
Bei der Umsetzung ist Time-to-Market, also die Dauer von der Produktentwicklung bis zur Platzierung des Produkts am Markt, entscheidend. Mit unserer modularen Plattform können Versicherer Innovationen in Rekordzeit umsetzen und gleichzeitig in die bestehenden Systeme integrieren. Unser Mehrwert ist klar: Wir sind ausschließlich auf den Versicherungsbereich fokussiert und haben jahrelange Erfahrung in allen wichtigen Sparten.
DIE KOOPERATION MIT ATTRAKTIVEN PARTNERN IST EINE WESENTLICHE SÄULE IHRER GESCHÄFTSSTRATEGIE. WAS WÜRDEN SIE SICH VON ETABLIERTEN VERSICHERUNGEN BZW. BANKEN WÜNSCHEN, UM NOCH BESSER MIT IHNEN ZUSAMMENARBEITEN ZU KÖNNEN?
WEBER / Die größte Herausforderung ist oft der lange Entscheidungsprozess bei etablierten Unternehmen. Start-ups sind gezwungen agil und schnell zu handeln. Selbst wenn Versicherer von Minimal Viable Products (MVP) und Schnelligkeit sprechen, ist damit oft etwas anderes gemeint. Diese unterschiedlichen Sichtweisen und Prozesse müssen daher in Zukunft besser zusammengebracht werden. Hier sind wir schon auf einem sehr guten Weg.
WO MÖCHTE DIE DIG IN FÜNF JAHREN STEHEN UND WELCHE WESENTLICHEN MEILENSTEINE SEHEN SIE?
WEBER / Wir arbeiten aktuell schon mit Versicherern, Banken und Maklern in verschiedenen Ländern Europas und Lateinamerikas zusammen. Diesen Wachstumskurs werden wir fortsetzen. Auch wenn große Versicherer schon lange an Digitalisierungsstrategien arbeiten, stehen wir erst am Anfang einer großen Bewegung. Technologie- und Plattformgiganten werden massiv in den Finanzdienstleistungsbereich einsteigen und die Kundenschnittstelle besetzen. Das wird den Transformationsdruck vieler Versicherer und Banken massiv erhöhen und die Digitalisierung der Branche beschleunigen.
HERR WEBER, WIR BEDANKEN UNS FÜR DAS GESPRÄCH. WIR WÜNSCHEN DER DIGITAL INSURANCE GROUP WEITERHIN VIEL ERFOLG!
In unserer Interviewserie mit jungen, innovativen Unternehmen widmen wir uns dem Thema „Digitale Bancassurance“. Einen Überblick unserer Interviews sowie weitere Informationen zu unserer Sicht auf Bancassurance finden Sie hier.
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Martin Müller