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Interview Frank Gfrörer, Sprecher des Vorstands der BLANC & FISCHER Familienholding

„Früher Bewährtes für noch Besseres konsequent hinter sich lassen“

Frank Gfrörer, Sprecher des Vorstands der BLANC & FISCHER Familienholding, treibt die Transformation des traditionsreichen Küchentechnologie-Anbieters voran. Er steht für radikale Marktorientierung und forciert KI-Weiterbildungen für Mitarbeitende. Im Interview beleuchtet er außerdem die Stärken familiengeführter Unternehmen, mit denen sie den Spagat zwischen globaler Expansion und regionaler Verbundenheit meistern können.

Wenn Sie auf die aktuelle Lage des deutschen Mittelstands blicken: Was bereitet Ihnen persönlich die größten Sorgen – und was macht Ihnen Hoffnung? :

GFRÖRER Ohne Frage: Die Bürokratie ist für mittelständische Unternehmen nach wie vor ein echter Hemmschuh. Fehlende Flexibilität im Arbeitsmarkt, überbordende Dokumentationspflichten, Barrieren im Handel innerhalb der EU – das alles führt in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten zu zusätzlicher Belastung der Unternehmen, und es ist gut, dass das Thema mittlerweile angegangen wird. Gleichzeitig bringt der Mittelstand wichtige Voraussetzungen mit, die die häufig langjährigen Erfolgsgeschichten der Unternehmen ermöglicht haben: Nähe zu Kunden und Märkten, passgenaue Innovationen, schnelle Umsetzung und mittelständischer Pragmatismus. Wenn wir diese Eigenschaften gut einsetzen, dann brauchen wir nicht auf bessere Zeiten zu warten, sondern haben es selbst in der Hand, aus eigener Kraft zu wachsen. 

Welche Stärken familiär geprägter Mittelständler sind aus Ihrer Sicht besonders erfolgsrelevant – und welche Charakteristika können bei Transformationen auch hinderlich sein? :

GFRÖRER Im Management muss man immer „liefern”, das haben alle Unternehmen gemeinsam. Eine echte Stärke von Familienunternehmen ist dabei, dass die Eigentümer einen langfristigen Horizont haben und im Hintergrund mit ruhiger Hand und Weitsicht ein Unternehmen steuern und es sich entwickeln lassen. Natürlich haben unsere Familienaktionäre auch Ziele, die man mit Markt- und Firmenzielen in Einklang bringen muss. Hier kann die Herausforderung unter anderem darin bestehen, alle Beteiligten dafür zu gewinnen, früher Bewährtes für noch Besseres konsequent hinter sich zu lassen.  

Welche Kernthemen bearbeiten Sie in aktuellen Transformationsprojekten bzw. -programmen, wo liegen Ihre strategischen Prioritäten? :

GFRÖRER Ich stehe dafür, Unternehmen radikal vom Markt her zu denken. Ihn gilt es in den Mittelpunkt zu stellen und Angebote und Services zu definieren, die einen echten Mehrwert und Wettbewerbsvorteil darstellen. Und dann müssen wir unser Angebot in den definierten Zielmärkten mit aller Konsequenz auf die Straße bringen. In allen Geschäftsmodellen unserer operativen Unternehmensgruppen ist der klare Kurs, den Fokus aufs Kerngeschäft zu legen. Der Weg dahin verläuft nicht ohne wesentliche Verbesserung der Produktivität und wesentliche strukturelle Anpassungen, die auch schmerzliche Entscheidungen beinhalten.  

Wie gelingt es Ihnen, die Balance zwischen globaler Expansion und regionaler Verbundenheit zu halten? Wie meistern Sie zum Beispiel auch den Spagat zwischen zentraler Steuerung und regionaler / dezentraler Flexibilität und Marktnähe? :

GFRÖRER Wenn wir, wie gerade aufgezeigt, Unternehmen radikal vom Markt herdenken, dann ist klar, dass für ihn unsere Performance auf den „letzten Metern“ zählt. Dazu braucht es einen klaren „Tone from the top“, um die Teams zu sensibilisieren und auszurichten. Das umfasst in der Praxis Fragen der organisatorischen Aufstellung genauso wie unternehmenskulturelle Aspekte. Entscheidend sind aus meiner Sicht die Befähigung der Einheiten vor Ort und die Durchlässigkeit für individuelle Anforderungen. Außerdem liegt ein Schlüssel in der Differenzierung zwischen lokaler und globaler Erfolgsmessung. 

Themen wie Digitalisierung und neue Technologien verändern die Spielregeln in vielen Branchen. Wie setzen Sie KI gewinnbringend in Ihrem Unternehmen ein? :

GFRÖRER Vorweg: Ich bin persönlich davon überzeugt, dass künstliche Intelligenz unser geschäftliches und privates Leben genauso stark verändern wird wie das Internet. Digitalisierung und KI sind aber kein Selbstzweck, sondern es geht darum, wie wir aufwendige Arbeiten effizienter erledigen oder automatisieren und damit die Technologie immer mehr zu unserem Nutzen einsetzen. Dazu braucht es Neugier, Befähigung und konkrete Anwendungsfälle. Wir haben beispielsweise mit dem „Skill Booster“ eine für viele Beschäftigte verpflichtende Weiterbildungsoffensive im Bereich KI gestartet und darüber hinaus ein individuelles Lernkontingent zu Verfügung gestellt. Die Botschaft ist klar: Wir warten nicht, bis sich KI-Nutzung im Unternehmen langsam entwickelt, sondern wir treiben den Umgang mit KI aktiv voran. In unseren Projekten lernen wir kontinuierlich und teilen die Erkenntnisse schnell und breit. Wir veranstalten sogar einen eigenen Hackathon unter dem Motto „Kitchen meets AI“ in Zusammenarbeit mit der Innovationsfabrik der Hochschule Heilbronn. Da geht es um messbare Ergebnisse wie geringere Kosten oder höhere Qualität, also letztlich um einen Business Case für KI-Einsatz.  

Über Frank Gfrörer

Seit Mai 2025 steht Frank Gfrörer als Sprecher des Vorstands an der Spitze der BLANC & FISCHER Familienholding. Der studierte Diplom-Kaufmann begann seine Karriere als Assistent des Vorstandsvorsitzenden bei WMF, wo er über 20 Jahre verschiedene Managementfunktionen innehatte, zuletzt die des Managing Directors, verantwortlich für das Konsumgeschäft der Gruppe. Nach einer Leitungsfunktion beim Büromöbelspezialisten Interstuhl wechselte Frank Gfrörer 2018 als CEO zu BLANCO. Seit 2022 ist er darüber hinaus Mitglied des Vorstands der BLANC & FISCHER Familienholding. 

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