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Die Zukunft der Stahlproduktion: KI als Gamechanger

Um wirtschaftliche Herausforderungen zu meistern und wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen europäische Stahlproduzenten zunehmend auf KI und Operations Research (OR). So lassen sich Kosten senken und die Effizienz steigern. Doch was sind die Herausforderungen bei der Implementierung solcher Technologien und wie kann man sie sich erfolgreich bewältigen?

Der Rückgang der Automobil- und Industrieproduktion, ein anhaltend schwaches Wirtschaftswachstum sowie sich verändernde Branchentrends haben zu einer insgesamt geringeren Stahlnachfrage geführt. Ein kurzfristiger Aufwärtstrend ist derzeit nicht zu erkennen. Darüber hinaus führen instabile Lieferketten zur weiteren Belastung der Stahlbranche. Die Instabilität wird durch geopolitische Spannungen und schwankende Energiekosten noch weiter verschärft. Ferner wird der Markt durch den regulatorischen Druck und den zunehmenden Protektionismus noch komplexer. Denn durch Handelsschranken könnte der Zugang zu den globalen Märkten eingeschränkt werden oder mit strengeren Umweltstandards einhergehen. Durch die Entwicklung wird nicht nur die Rentabilität beeinträchtigt, sondern Stahlhersteller sind auch gezwungen, die Herausforderungen des unsicheren Marktes zu meistern, um ihre Effizienz zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben. 

KI und OR verbessern nicht nur die Entscheidungsfindung, sondern unterstützen auch dabei, Prozesse zu optimieren und das Unternehmen anpassungsfähiger zu machen. Durch KI werden zudem (zeitintensive/komplexe) Aufgaben automatisiert. So zum Beispiel die Erstellung von Marktberichten und Absatzprognosen, indem Verkaufsdaten analysiert und Trends identifiziert werden. Mit Operational Research lassen sich Engpässe identifizieren und Ressourcen effizient verteilen, wodurch Planungsprobleme in Produktion, Logistik und Personalwesen beseitigt werden können. 

Durch moderne Ansätzen aus Künstlicher Intelligenz und Operations Research können Stahlhersteller ihre Abläufe widerstandsfähiger, flexibler und kosteneffizienter gestalten – und sich damit nachhaltig am Markt behaupten. 

Praktische Anwendungen von AI in der Metallindustrie

Prognosen für die Bedarfsplanung  
Bei der Erstellung von Prognosen in der Stahlindustrie kommen KI und statistische Modelle zum Einsatz, um historische Daten, Markttrends sowie externe Faktoren, wie wirtschaftliche Bedingungen und Rohstoffpreise zu analysieren. Zu den Eingangsdaten gehören unter anderem vergangene Nachfragen, Produktionsraten und externe Indikatoren. Mit Methoden wie Zeitreihenanalyse, maschinellem Lernen und Regressionsmodellen werden genaue Nachfrageprognosen erstellt. Dies schafft die Grundlage für eine effizientere Produktionsplanung, geringere Lagerbestände (reduziertes NWC) und eine höhere operative Stabilität – mit dem Ziel, Marktschwankungen frühzeitig zu erkennen und vorausschauend zu steuern. 


Absatz- und Produktionsplanung (S&OP)  
S&OP bringt Produktion, Vertrieb und Beschaffung in einem integrierten Planungsprozess zusammen, indem Daten aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen in eine gemeinsame Entscheidungsgrundlage überführt werden. Zu den Eingangsdaten gehören Bedarfsprognosen, Produktionskapazitäten und mögliche Lieferrestriktionen. 

Mithilfe von Optimierungsalgorithmen können automatisiert Produktionspläne unter Berücksichtigung von Kapazitätsrestriktionen erstellt werden. Anschließend ermöglichen Szenarioanalysen die Simulation verschiedener Szenarien, aus denen das am besten geeignete ausgewählt werden kann. Das Resultat ist eine abgestimmte Betriebsstrategie, die Effizienz steigert, Ressourcenverwendung optimiert und die Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen deutlich verbessert. 


Blending 
Blending in der Stahlproduktion dient dem gezielten Prozess des Mischens verschiedener Rohstoffe, wie Eisenerz, Schrott und Legierungselementen, um die gewünschte Stahlqualität bei optimierten Produktionskosten sicherzustellen. Zu den Inputs gehören die Eigenschaften der Rohstoffe, Kostenschwankungen der Rohmaterialen und Produktionsanforderungen. Mithilfe von Optimierungsalgorithmen können die optimalen Mischverhältnisse berechnet werden, um die gewünschten Ergebnisse unter Berücksichtigung von Ressourcen und Zielvorgaben zu erzielen. Einen besonderen Hebel bietet die Sekundärvermischung unter Verwendung von Schrott: Hochwertige Legierungselemente, die im Schrott enthalten sind, können strategisch eingesetzt werden, um den Bedarf an teuren Primärlegierungen zu reduzieren. Dies schafft u.a. erhebliche Kostenoptimierungspotenziale bei gleichbleibender Produktqualität. Ein Simulationstool kann bei der optimalen Auswahl der Bestandteile helfen und die wahrscheinliche Qualität der Mischung vorhersagen. Das Ergebnis sind geringere Rohstoffkosten, gleichbleibende Produktqualität, effizientere Ressourcennutzung und mehr Nachhaltigkeit durch den optimalen Einsatz von Schrottressourcen. 


Digitaler Zwilling für Transparenz in der Lieferkette und Kostenreduzierung  
Die Technologie des digitalen Zwillings erstellt ein virtuelles Abbild der Lieferkette durch die Integration von Echtzeitdaten aus Logistik, Beschaffung und Produktion. Zu den Inputs gehören IoT-Sensordaten, Transportrouten und Leistungsmetriken von Lieferanten. Simulationsmodelle und KI-gesteuerte Analysen identifizieren Ineffizienzen, sagen Störungen voraus und optimieren Beschaffungsstrategien. Dadurch gewinnen Unternehmen an Transparenz entlang der Lieferkette, senken Transport- und Beschaffungskosten und erhöhen zugleich ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen. 


Predictive Maintenance  
Die Predictive Maintenance nutzt Datenanalysen und Echtzeitüberwachung, um Anlagenausfälle zu verhindern und Wartungspläne in der Stahlproduktion zu optimieren. Zu den Inputs gehören Sensordaten, Stammdaten und historische Leistungsaufzeichnungen. Fortschrittliche Techniken wie die Erkennung von Anomalien und prädiktive Modellierung identifizieren potenzielle Probleme, bevor sie kostspielige Ausfallzeiten verursachen. Das führt zu höherer Betriebseffizienz, reduzierten Wartungskosten und einer gesteigerten Anlagenzuverlässigkeit, was wiederum eine unterbrechungsfreie Produktion und verbesserte Rentabilität ermöglicht.  


News Radar 
Die Überwachung von Branchennachrichten und Markttrends stellt sicher, dass Stahlhersteller über Änderungen bei Vorschriften, Rohstoffpreisen und Wettbewerbsdynamik informiert sind. Zu den Marktdaten gehören Nachrichten, Wirtschaftsberichte und politische Updates. Durch natürliche Sprachverarbeitung und Stimmungsanalyse lassen sich relevante Erkenntnisse aus großen Informationsmengen extrahieren. So entstehen belastbare Entscheidungsgrundlagen, eine gezielte Risikosteuerung und die notwendige Weitsicht, um auf Marktveränderungen proaktiv zu reagieren. 

Herausforderungen bei der Implementierung von KI

Mehrere Herausforderungen können die Einführung und Effektivität behindern. Eine große Hürde ist die Datenqualität, da traditionelle KI-Modelle genaue, konsistente und gut strukturierte Daten benötigen. Viele Stahlproduzenten müssen daher Aufwände einplanen, um fragmentierte, unvollständige oder teilweise veraltete Datensätze zu optimieren. Weiterhin haben strengere EU-Vorschriften zum Datenschutz und zur ethischen Nutzung von KI zusätzliche Komplexität zur Folge, da Unternehmen für Transparenz, Sicherheit und die Einhaltung von Gesetzen sorgen müssen. Wer diese Herausforderungen meistert, kann das volle Potenzial von KI in der Stahlindustrie ausschöpfen.  

Schließlich ist Change Management entscheidend. Ohne Akzeptanz, passende Qualifizierung und den Abbau von Widerständen können selbst vielversprechende KI-Integrationen scheitern. 

Wie man KI erfolgreich im Unternehmen implementiert

Ein strukturierter und strategischer Ansatz garantiert einen langfristigen Nutzen und Akzeptanz. Unerlässlich ist zudem eine klare Strategie, um die Rolle der KI im Unternehmen zu definieren, sie mit den Geschäftszielen in Einklang zu bringen und messbare Ziele zu setzen. Ohne eine solide strategische Grundlage laufen KI-Initiativen Gefahr, fragmentiert angewendet zu werden und so keine aussagekräftigen Ergebnisse zu liefern. Unternehmen sollten mit kleinen Pilotprojekten beginnen, die spezifische Probleme angehen und kontrollierte Tests und iterative Verbesserungen ermöglichen. Wenn sich diese Pilotprojekte als erfolgreich erwiesen haben, können sie schrittweise auf das gesamte Unternehmen ausgeweitet werden, um die Wirkung zu maximieren.  

Darüber hinaus ist ein effektives Change Management essenziell, um Widerstände zu überwinden und sicherzustellen, dass Mitarbeitende und Interessengruppen die Vorteile von KI verstehen und sich in den Transformationsprozess einbezogen fühlen. Schulungen, die Förderung der Zusammenarbeit und eine transparente Kommunikation tragen dazu bei, Vertrauen aufzubauen und die Akzeptanz zu fördern. Schließlich müssen Unternehmen die Integration mit bestehenden Systemen und Prozessen sicherstellen und dabei auch regulatorische und ethische Aspekte berücksichtigen, insbesondere in Branchen mit strengen Compliance-Standards wie in der EU. Durch eine Kombination aus strategischer Vision, schrittweiser Umsetzung und starker Einbindung der Stakeholder können Unternehmen die KI erfolgreich nutzen, um von Effizienz, Innovation und Wettbewerbsvorteilen zu profitieren.  

Die Zukunft von Stahl im Zeitalter der KI

Da sich die Wettbewerbslandschaft verändert, könnten Unternehmen, die sich nicht anpassen, ins Hintertreffen geraten. KI-gestützte Lösungen, wie z.B. prädiktive Analysen und digitale Lieferketten, bergen ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit und zur Kostensenkung in einem unbeständigen Markt. 

Als Ihr Partner in dieser Transformation stellt Horváth Ihnen die erforderliche Expertise und Unterstützung zur Verfügung, um das Potenzial von KI in der Stahlindustrie optimal und erfolgreich zu nutzen. Erfahren Sie hier mehr über unsere KI-Lösungen oder wenden Sie sich für eine persönliche Beratung an unsere Expert:innen. 

 

Schneider, O. / Voß, F. / Poscher, B. / Wichert, S.