Interview mit Dr. Niels Lorenz, Radeberger

„Wir müssen
vorausdenken!“

Die Radeberger Gruppe will den Wandel im deutschen Biermarkt aktiv gestalten: Dazu blickt sie entschieden über den sprichwörtlichen eigenen Tellerrand – und räumt dabei auch mit überholten Traditionen und Überzeugungen der Branche auf. Im Interview berichtet Dr. Niels Lorenz, Sprecher der Geschäftsführung, wie die größte deutsche Braugruppe dabei auch die Chancen der Digitalisierung ganz gezielt nutzt.

SINKENDER BIERKONSUM, ÜBERKAPAZITÄTEN, MASSIVER INVESTITIONSDRUCK UND ZU VIELE SONDERANGEBOTE: WIE ARBEITET MAN IN EINEM SOLCHEN UMFELD STRATEGISCH?

LORENZ / Indem man sein Augenmerk nicht allein auf die anstehenden operativen Herausforderungen richtet, sondern strategisch einem klaren Zielbild folgt. Wir haben bereits 2015 unsere Strategie neu formuliert und setzen seither die Weichenstellungen, die es dafür braucht, konsequent um. Im Kern geht es darum, den deutschen Biermarkt als Marktführer aktiv zu gestalten und unsere Unternehmensgruppe gleichzeitig selbstbewusst in neu entstehenden Märkten und Ökosystemen aufzustellen.

DANN IST DIE RADEBERGER GRUPPE IN DEN LETZTEN JAHREN ALSO DEUTLICH ANDERS GEWORDEN?

LORENZ / In der Tat – und das ist auch gut so. Es ist entscheidend für uns, noch stärker von der tradierten Lieferantendenke wegzukommen und ein neues Selbstverständnis als Lösungsanbieter zu entwickeln. Der Markt verlangt nicht mehr nur einzelne Dienstleistungen, sondern ganzheitliche Lösungskonzepte aus einer Hand. Daher arbeiten wir bereits an neuen und umfassenden Serviceangeboten für unsere Partner in Handel und Gastronomie, etwa über Getränkeplattformen und branchenübergreifende Kooperationen. Gleichzeitig setzen wir auf unseren etablierten Werten auf: Hochqualitatives Bier bleibt der Mittelpunkt unseres Markenkerns, quasi unsere DNA. Aber unsere Biere, unsere wundervollen Marken müssen nun in ganzheitlich gedachte Lösungen eingebunden werden.

BIERTRINKEN IST EIN ANALOGER GENUSS. SPIELT DIE DIGITALISIERUNG FÜR DIE RADEBERGER GRUPPE VOR DIESEM HINTERGRUND ÜBERHAUPT EINE ROLLE?

LORENZ / Selbstverständlich, und zwar grundsätzlicher, als man zunächst meinen würde. Analoge Prozesse und Geschäftsmodelle ins Digitale zu überführen, verändert das Webmuster unseres Unternehmens radikal. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Unser Joint Venture mit Transgourmet Deutschland bietet Gastronomen ein umfassendes digitales Servicepaket rund um Lebensmittel und Getränke an. Und mit dem Durstexpress in Berlin haben wir einen blitzschnellen Lieferservice etabliert, der von der Kommissionierung bis zur Auslieferung auf künstlicher Intelligenz und digitalen Prognosemodellen basiert.

LÖSUNGSANBIETER, ÖKOSYSTEME, DIGITALISIERUNG: HAT DIE RADEBERGER GRUPPE DAZU DIE RICHTIGEN KOMPETENZEN AN BORD?

LORENZ / Wir mussten und müssen in verschiedenen Bereichen neues Wissen aufbauen, keine Frage. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch nicht alles selbst machen, sondern die richtigen Partner und Konzepte zusammenbringen. Aber wir setzen bei alldem auch weiterhin auf die Kompetenz unserer bewährten Marktkenner und –könner, denn nur so entstehen Konzepte, die passgenau die Bedarfe unserer Kunden und Konsumenten erfüllen. „Relevanz“ ist dabei das Stichwort der Stunde: Der Anbieter, der die relevanteste und umfassendste Lösung liefert, gewinnt in diesem veränderten Marktumfeld.

DIE RADEBERGER GRUPPE WIRD ALSO ANDERS. WIRD SIE AUCH BESSER?

LORENZ / Das müssen andere bewerten – und es wird sich vielleicht erst in ein paar Jahren nachhaltig herausstellen. Daher nur so viel: Ich bin überzeugt, dass wir die richtigen Weichen gestellt, unsere Hausaufgaben gemacht und die notwendigen Impulse gesetzt haben. Um auf diesem Weg, auf den wir uns mit unserer Unternehmensgruppe gemacht haben, nicht die Orientierung zu verlieren, folgen wir einer strategischen Landkarte, die ganz klar unsere Ziele definiert. Und ja, da sind noch ein paar Zielstellungen, die wir noch nicht ganz erreicht haben – oder auch Themen, die wir angeschoben, aber noch nicht hinreichend operationalisiert haben. Aber ich vertraue auf die große Umsetzungskraft unseres Unternehmens. Wir haben die richtige Mannschaft, in der alle am selben Strang ziehen und ein und dasselbe Ziel verfolgen: die Radeberger Gruppe fit für einen Markt im Wandel zu machen. Und glauben Sie mir: Mit dieser Mannschaft werden wir noch viele Akzente im Markt setzen.

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