Artikel : Science-Based Targets Initiative (SBTi): Strategische Klimaziele für die Klimatransformation

Die Science-Based Targets Initiative (SBTi), neben anderen Frameworks bzw. Anbietern, bietet Unternehmen einen klaren Rahmen, um wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu setzen und ihre Dekarbonisierungsstrategie im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu gestalten. Erfahren Sie, welche Faktoren und Entscheidungen zur Setzung von SBTi-Zielen notwendig sind, und wie Unternehmen SBTi und einen strukturierten Klimatransitionsplan (CTP) dafür nutzen können, ambitionierte Ziele zu erreichen, Maßnahmen zu priorisieren und langfristig nachhaltige Erfolge zu sichern – auch in herausfordernden Zeiten.

Warum SBTi? Die Relevanz wissenschaftsbasierter Klimaziele

Die SBTi ist eine gemeinsame Initiative von CDP, dem UN Global Compact, dem World Resources Institute (WRI) und dem WWF. Sie definiert klare Standards, wie Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen (THG) im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens reduzieren sollen. Die SBTi bietet ein international anerkanntes Rahmenwerk für eine glaubwürdige und überprüfbare Dekarbonisierung von Unternehmen. 

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) schreibt die Nutzung der SBTi nicht explizit vor, fordert jedoch im Rahmen des Climate Transition Plans (CTP) eine Ausrichtung an einem 1,5-Grad-kompatiblen Reduktionspfad. Daher etabliert sich die SBTi zunehmend zum Standard. Viele Unternehmen verpflichten zudem ihre Lieferanten, eigene Ziele nach der Vorgabe der SBTi zu setzen. Dieser sogenannte „Supplier Engagement“-Mechanismus verstärkt den Trend zu wissenschaftlich fundierten Klimazielen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

SBTi in der Praxis: Der strukturierte Prozess

Bei der Umsetzung folgt die SBTi einem klaren Fünf-Schritte-Prozess: 

  • Registrierung: Das Unternehmen registriert sich offiziell bei der SBTi und startet damit den Zielsetzungsprozess. 
  • Commitment abgeben: Es verpflichtet sich öffentlich zur Entwicklung wissenschaftsbasierter Klimaziele. 
  • Ziele entwickeln: Auf Basis des Corporate Carbon Footprint (CCF) und festgelegter Parameter, wie Basisjahr, Scope und Zieltyp definiert das Unternehmen konkrete Reduktionsziele für Scope 1+2 und Scope 3 (sofern relevant). 
  • Einreichen & Validieren: Die Ziele werden der SBTi zur Validierung vorgelegt und auf Übereinstimmung mit dem 1,5-Grad- oder „Well-Below 2-Grad“-Pfad (WB2°C) geprüft. 
  • Kommunizieren & Berichten: Nach erfolgreicher Validierung veröffentlicht das Unternehmen seine Ziele und berichtet regelmäßig über Fortschritte. 

Unternehmen können sich entscheiden, ob sie ausschließlich Near-Term-Ziele (5–10 Jahre) oder zusätzlich Net-Zero-Ziele (bis 2050) festlegen. Letztere unterliegen strengeren Anforderungen hinsichtlich Datenbasis, Zielsetzung und Validierung. Die SBTi erwartet, dass Unternehmen bereits wesentliche Maßnahmen zur Emissionsminderung identifiziert haben. 

Grundlagen für die Zielentwicklung: Baseline und Parameter

Bevor Unternehmen Klimaziele definieren, benötigen sie eine belastbare CO₂-Bilanz (Corporate Carbon Footprint, CCF). Die SBTi prüft dabei insbesondere die Qualität der Datengrundlage und die gewählten Systemgrenzen. Nur ein validierter CCF ermöglicht eine fundierte Zielkalkulation. Besonders im Scope 3 stellt die SBTi häufig detaillierte Rückfragen. Dabei prüft sie unter anderem die Vollständigkeit der Emissionsquellen, die System- und Bilanzgrenzen, die GHG-Protocol Konformität, die Nachvollziehbarkeit und die Datenqualität.  

Für die Zielsetzung müssen Unternehmen mehrere zentrale Parameter festlegen: 

  • Basisjahr: Dieses sollte möglichst aktuell sein, idealerweise nicht älter als zwei bis drei Jahre, um Relevanz und Datenqualität sicherzustellen  
  • Zieljahr: Bei Near-Term-Zielen darf dieses maximal zehn Jahre nach dem Einreichungsjahr liegen. Häufig wird das Jahr 2030 gewählt, da dieses auch im CSRD-Kontext zentral ist. 
  • Ambitionsniveau: Für Scope 1+2 ist der 1,5-Grad-Pfad verpflichtend, was eine Reduktion der Emissionen um 42 Prozent bis 2030 bedeutet. Für Scope 3 gilt mindestens WB2°C (25 Prozent Reduktion bis 2030). Ein 1,5-Grad-Pfad mit einer Reduktion von -42 Prozent bis 2030 ist ebenfalls möglich, aber ambitionierter. Bei einem Zieljahr nach 2030 steigt die Ambition entsprechend an. 
  • Zieltyp (Scope 3): Unternehmen können zwischen absoluten Zielen und Intensitätszielen wählen. Letztere beziehen die Emissionen auf eine wirtschaftliche Kennzahl, den „Value Added“, wie etwa dem Bruttoergebnis. 
  • Scope 3 Abdeckung: Nach dem aktuellen SBTi-Standard müssen 67 Prozent der Scope 3 Emissionen in der Zieldefinition enthalten sein. Dabei können bestimmte Kategorien exkludiert werden. Ab 2030 soll diese Grenze jedoch auf 90 Prozent angehoben werden (aktueller Entwurf SBTi neuer Net-Zero Standard). Unternehmen sollten dies bereits jetzt berücksichtigen, um eine Re-Validierung im Jahr 2030 zu vermeiden. 
  • Optionale Ziele: Im Scope 1+2 können Unternehmen zusätzlich ein Ziel zur Nutzung erneuerbarer Energien („Renewable Energy Target“) definieren. Im Scope 3 ist ein „Supplier Engagement Target“ möglich. 

Zieltypologie: Absolute vs. Intensitätsziele im Scope 3

Die Wahl zwischen absoluten und intensitätsbasierten Zielen ist für viele Unternehmen entscheidend. Absolute Ziele reduzieren die Gesamtemissionen unabhängig vom Wachstum. Sie gelten als robust, klar kommunizierbar und direkt wirksam. Sie bieten Planungssicherheit, auch im Hinblick auf den CTP und notwendige Maßnahmen. Allerdings wird es bei starkem Wachstum schwieriger, diese Ziele zu erreichen, da absolute Emissionen meist mit dem Output steigen. 

Intensitätsziele hingegen skalieren mit der Unternehmensleistung, beispielsweise in Form von Emissionen pro Euro Wertschöpfung“ und ermöglichen Flexibilität bei Wachstum. Sie sind jedoch volatiler, weniger transparent und ihre Klimawirkung ist oft indirekt. Bei starkem Wachstum können Intensitätsziele vorteilhafter (realistischer zu erreichen) sein, da eine absolute Reduktion kaum erreichbar ist. Die SBTi erlaubt in solchen Fällen, dass absolute Emissionen trotz Intensitätsreduktion vorübergehend steigen. Langfristig kann dies jedoch die Einhaltung eines Net-Zero-Pfads erschweren. 

Die folgende Abbildung zeigt, wie sich absolute und Intensitäts-basierten Ziele unterscheiden und wieviel die entsprechende absolute Reduktion der Ziele vom Basisjahr bis zum Zieljahr beträgt. Je nach Wachstumsszenario sind absolute oder Intensitätsziele einfacher zu erreichen (hier wird unterstellt, dass ein Unternehmen grundsätzlich ambitionierte, aber erreichbare Klimaziele definieren möchte). Konkret zeigt das Beispiel, dass ab einem Wachstum von jährlich 5,6 Prozent bis zum Zieljahr ein Intensitäts-basiertes Ziel einfacher erreichbar wäre als ein absolutes WB2°C-Szenario. Unterhalb dieses Break-even-Punkts würde ein intensitätsbasiertes Ziel im Vergleich zu einem absoluten WB2°C-Ziel eine größere absolute Reduktion zum Zieljahr 2030 bedeuten. Hier wäre ein absolutes Ziel zu empfehlen. Ab einem Wachstum von zirka 8 Prozent pro Jahr steigen in diesem Beispiel die absoluten Emissionen trotz einer Reduktion der Intensität bis zum Zieljahr. 

Verbindung von SBTi und CTP

Bevor Unternehmen ihre Klimaziele final einreichen, sollten sie deren Machbarkeit mindestens mithilfe eines Klimatransitionsplans (CTP) Light prüfen. Dieser umfasst Maßnahmen, Bewertungen und zentrale Hebel für alle Emissionsbereiche (Scope 1–3). Nur so lässt sich sicherstellen, dass die ambitionierten Ziele tatsächlich realisierbar sind. Ein SBTi-Ziel ohne konkrete Maßnahmen bleibt ein Lippenbekenntnis. Der CTP bildet daher das Fundament für eine systematische Umsetzung – mit klaren Maßnahmen, Budgets, Meilensteinen und Risikobetrachtung. 

Empfehlungen für Unternehmen 

Wenn SBTi für Unternehmen relevant wird, sollten sie folgende Dinge beachten:  

  • SBTi- und CTP-Prozesse integriert betrachten: Zieldefinition und Machbarkeitsprüfung gemeinsam durchführen. 
  • Zieltypen kritisch abwägen: Absolute Ziele sind meist glaubwürdiger, während Intensitätsziele bei starkem Wachstum sinnvoller sein können. Eine Szenarioanalyse hilft bei der Entscheidung. 
  • Optionale Ziele nutzen: Zusätzliche Ziele wie erneuerbare Energien oder Supplier Engagement erhöhen die Breite der Klimastrategie und können Funktionen nochmal zusätzlich enablen. 
  • Baseline-Logik prüfen: Alternativen für Basisjahre evaluieren – die gewählte Baseline sollte realistisch und mit internen Steuerungsprozessen kompatibel sein. 
  • Datenqualität sicherstellen: Nur ein konsistenter, nachvollziehbarer CCF wird von der SBTi akzeptiert. Berechnungen müssen gegebenenfalls angepasst werden, um Vergleichbarkeit und Transparenz zu gewährleisten. 

SBTi als Treiber glaubwürdiger Klimastrategien

SBTi-Ziele sind keine Pflichtübung im ESG-Reporting, sondern Ausdruck strategischer Verantwortung. In Kombination mit einem soliden Climate Transition Plan werden sie zum zentralen Hebel der Dekarbonisierung. Unternehmen, die heute wissenschaftsbasierte Ziele mit realistischen Maßnahmen verbinden, sichern sich nicht nur regulatorische Konformität. Sie sichern sich auch einen klaren Wettbewerbsvorteil in einer zunehmend klimabewussten Wirtschaft, in der die Kosten für THG-Ausstoß langfristig steigen werden.

Jonas, C.

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