- Unternehmen setzen flächendeckend auf Programme zur Effizienzsteigerung
- Drei Viertel kämpfen mit Problemen bei der Netzstabilität als Folge zunehmend dezentraler Einspeisung
- Nur rund ein Fünftel der Befragten strebt Klimaneutralität bis 2030 an
Der Wandel hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung, wachsende Anforderungen an Netzflexibilität und die zunehmende Digitalisierung setzen die Energiebranche enorm unter Handlungsdruck. Das zeigt die aktuelle Branchenanalyse „CxO Studie 2025 – Industry Insights Energy“ der Managementberatung Horváth. Demnach erwarten 89 Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer eine Verschiebung des Wärmemarktes in Richtung elektrischer Lösungen. Besonders Wärmepumpen gewinnen an Bedeutung. Zugleich verschieben sich die strategischen Prioritäten: Nachhaltigkeit rückt in den Hintergrund. Den vorzeitigen Rückbau der Gasnetze wird ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. 78 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Gas länger eine zentrale Rolle spielen wird als bisher angenommen.
Cybersicherheit ist für Energieunternehmen das wichtigste strategische Thema. Angesichts geopolitischer Spannungen und wachsender digitaler Risiken investieren CxOs gezielt in den Schutz ihrer Systeme. Parallel nimmt die digitale Transformation an Fahrt auf. Der digitale Wandel soll vor allem dazu beitragen, die Kosten zu senken und Prozesse zu beschleunigen. Dabei rückt die Effizienz stärker in den Fokus als je zuvor: Alle befragten Unternehmen setzen mittelfristig auf entsprechende Programme um die massiv steigenden Investitionsprogramme zu einem großen Teil aus der Innenfinanzkraft zu bewältigen. Sie erwarten für dieses Jahr ein Umsatzplus von 8,2 Prozent und eine EBIT-Marge von elf Prozent. „Die Energiebranche steckt mitten in einer Transformation, die durch hohen wirtschaftlichen Druck und sich verschärfende Rahmenbedingungen ausgelöst wurde“, sagt Olaf Reichel, Associate Partner bei Horváth. „Wer nicht schnell genug Effizienzgewinne realisiert, bleibt zurück.“
Mehrheit stellt den Rückbau der Gasnetze infrage
Da die Unternehmen sich stärker auf Effizienz fokussieren, verschieben sich ihre strategischen Prioritäten. So verliert das Thema Nachhaltigkeit an Relevanz. Nur 18 Prozent der Unternehmen streben noch an, die Klimaziele vor 2030 zu erreichen. Viele Versorger investieren stattdessen verstärkt in elektrische Heizlösungen, insbesondere Wärmepumpen. Gleichzeitig lehnen die Befragten den Rückbau der Gasnetze mehrheitlich ab, da sie Gas weiterhin als relevanten Energieträger einstufen.
Mit dem Umbau wächst auch die Belastung der Netze: 76 Prozent der Unternehmen berichten von zunehmenden Problemen mit der Stabilität. Dies ist eine Folge der wachsenden Zahl dezentraler Einspeiser. „Der Wärmemarkt elektrifiziert sich. Aber das Netz hinkt hinterher“, so Reichel. „Ohne gezielte Investitionen in Netzstabilität und flexible Übergangslösungen drohen Systembrüche im Energiemarkt.“
KI soll die Effizienz verbessern, doch die Umsetzung stockt
Die Studie zeigt auch: Die Branche sucht vor allem im Bestand Wachstum. Die Produkt- und Serviceentwicklung für bestehende Kunden ist wichtiger als eine schnelle Marktexpansion und Diversifizierung. Zugleich erwarten die Unternehmen deutlich stärkere Produktivitätsschübe durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz, insbesondere in der IT (20 Prozent) sowie in Vertrieb und Marketing und in Finanzen und Controlling (jeweils 17 Prozent). Damit liegen die Erwartungen über denen anderer Branchen, etwa dem Dienstleistungssektor.
In der Praxis zeigt sich beim Einsatz von KI jedoch ein gemischtes Bild. Fortschritte gelingen vor allem in der Kundenkommunikation. Im Performance-Management oder bei der Entscheidungsfindung durch das Management bleibt das Potenzial hingegen oft ungenutzt. 39 Prozent der Unternehmen haben in diesen Bereichen noch keine Projekte gestartet. Und das, obwohl die Erwartungen an produktivitätssteigernde Effekte durch KI hoch sind.
Fachkräftemangel bremst Umsetzungstempo
Der Fachkräftemangel setzt die Unternehmen zusätzlich unter Zugzwang. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Beschäftigten um sieben Prozent gestiegen. Als Reaktion auf den demografischen Wandel rückt somit die Personalentwicklung stärker in den Vordergrund. „Unsere Studie zeigt, dass die Unternehmen der Energiebranche gleichzeitig an vielen Fronten kämpfen. Sie müssen dem Margendruck, Engpässen bei der Infrastruktur und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Wer jetzt klare Prioritäten setzt, technologieoffen agiert und konsequent digitalisiert, verschafft sich einen Vorsprung“, so Horváth-Experte Olaf Reichel.
Über die Studie
Für die Branchenanalyse „CxO Studie 2025 – Industry Insights Energy“ hat Horváth mehr als 70 Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder aus der Energiebranche in persönlichen Tiefeninterviews befragt. Die Erhebung ist Teil der internationalen Studie „CxO Priorities Studie“ von Horváth, an der insgesamt über 1.000 Top-Führungskräfte aus verschiedenen Branchen weltweit teilgenommen haben.