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In den richtigen Schritten zu einer erfolgreichen integrierten Geschäftsplanung
In der heutigen volatilen Welt ist eine agile Unternehmensführung schlichtweg zum Muss geworden. Die Bedeutung einer integrierten Geschäftsplanung, bei der Vertriebs-, Supply- und Finanzfunktionen abgestimmt sind, ist unbestritten. Doch worauf muss man bei der Umsetzung achten? Wir geben Einblick in die wichtigsten Punkte für eine erfolgreiche Umsetzung.
Den Berg in kleinen Schritten besteigen
Grundsätzlich empfehlen wir, wie bei anderen Transformationsprojekten, die Umsetzung einer integrierten Geschäftsplanung („Integrated Business Planning“) in drei Phasen zu teilen – ein Vorprojekt oder eine Vorstudie, eine Design- und eine Implementierungsphase.
Je nach Länge des Vorhabens kann es Sinn ergeben, die Design- und Implementierungsphasen in mehrere sequenziellen Instanzen zu unterteilen und sukzessive die organisatorischen, prozessualen und technischen Änderungen nachhaltig einzuführen.
Ebenfalls empfehlen wir die Einführung von Meilensteinen nach jeder Phase bzw. Phaseninstanz, um basierend auf der aktuellen Situation des Unternehmens, den Fortschritt zu bewerten und Entscheidungen für die nächste Phase zu treffen.
Vorprojekt – Am Anfang die richtigen Weichen stellen
Viele Unternehmen unterschätzen die Wichtigkeit eines Vorprojektes oder einer Vorstudie. Insbesondere die strategische Abstimmung des Vorhabens, die Definition eines Zielbildes entlang des TOMs, eine Analyse des Produktportfolios in Bezug auf Planungseigenschaften und eine erste Durchsicht von potenziellen IT-Systemen/Tools ist von zentraler Bedeutung in dieser Phase.
Sofern das zu implementierende Planungssystem/Tool schon vorgegeben ist, sollten anhand eines einfachen MVPs erste grobe Anforderungen herausgearbeitet werden.
Wir empfehlen ebenfalls, dass das Change Management in dieser Phase mit der Kommunikation an die Organisation beginnt, da fehlende Akzeptanz oft ein Grund für das Scheitern größerer Transformationsprojekte ist.
Designphase – Tool folgt Prozess
Unser Mantra im Designprozess lautet stets: Tool folgt Prozess, das heißt die Planungslösung muss den Prozess unterstützen, nicht umgekehrt. Entscheidend ist, das TOM ganzheitlich zu betrachten und so unter anderem firmenspezifische Planungsstrategien und -ansätze vollständig und präzise zu definieren.
1. Ziele und funktional übergreifende Anforderungen sauber festlegen
Sofern dies nicht bereits aus einer Vorstudie bekannt ist, sollte eine umfassende Anforderungserhebung aus allen Fachbereichen durchgeführt werden. So lassen sich ein funktional übergreifendes Zielbild erstellen und die Wirkbeziehungen zwischen den Teilplänen verstehen. Hierbei muss die Treiberlogik klar aufzeigen, wie die verschiedenen Pläne aufeinander aufbauen und welche Abhängigkeiten bestehen. Ein Beispiel hierfür ist, ob ein finanzieller Umsatz und/oder Working Capital Forecast direkt auf Basis der operativen S&OP Mengenplanungen abgeleitet werden soll oder eine separate Datengrundlage haben wird.
2. Proof-of-Concept zur Vermeidung theoretischer Fallstricke
Ein bewährtes Mittel zur Vermeidung eines zu theoretischen Fachkonzeptes ist die Durchführung eines Proof-of-Concepts (PoC). Hierfür bestehen zwei Ansatzmöglichkeiten:
Entweder wird nur die Daten- und Rechenlogik pragmatisch mittels Dummy-Daten validiert oder es wird ein umfangreicheres „Demo-System“ mit einem definierten Echtdatenumfang aufgesetzt.
Der PoC ermöglicht so die frühzeitige Identifikation von Nachbesserungsbedarfen oder enthüllt bisher nicht berücksichtige Anforderungen, wodurch böse Überraschungen in der Umsetzungsphase vermieden werden können.
3. Frühzeitige Einbindung von IT als Erfolgsfaktor
Die enge Einbindung der IT (intern als auch der externer Implementierungspartner) ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Durch die gemeinsame Validierung des PoCs bzw. die frühzeitige Besprechung fachlicher Anforderungen wird das Projekt zu einer Gemeinschaftsaufgabe. Die IT kann so frühzeitig ein besseres Verständnis für die Geschäftsanforderungen aufbauen und auch notwendige technische Leitplanken und Rahmenparameter mit definieren. Darüber hinaus können Erwartungen der Business-Seite hinsichtlich Systemfunktonalität frühzeitig mit Blick auf Aufwand und Machbarkeit bewertet werden.
Bei der Wahl des externen Implementierungspartners ist zentral, dass dieser ein gewisses Geschäftsprozesswissen mitbringt – fehlt dies, steigen sowohl Umsetzungsaufwand als auch die Anzahl der Iterationszyklen der Implementierung-Sprints um ein Vielfaches an.
Tool-Selektion – Kundenspezifische Use-Case-Prüfung statt generischer Funktionsabfrage
Die Auswahl und anschließende Einführung von Supply-Chain-Planungssoftware ist ein bedeutender Schritt mit klaren Auswirkungen auf den zukünftigen „Way-of-Working“ vieler Kunden. Ein systematischer Auswahlprozess gewährleistet, dass die gewählte Software den spezifischen Anforderungen des Kunden gerecht wird und einen langfristigen Optimierungs-Nutzen stiftet.
Die Hauptstufen des trichterbasierten Auswahlverfahrens, das eine Kurzauswahl geeigneter Kandidaten mit hohem Deckungsgrad der kritischen Anforderungen zum Ziel hat, sind:
- Marktanalyse: Vorqualifizierung der Anbieter hinsichtlich bestehendem Branchenfokus, Funktionsumfang und technischem Reifegrad
- Anbieteranalyse und -bewertung: Evaluierung anhand eines gemeinsam abgestimmten Anforderungskatalogs im Rahmen eines RFI-Prozesses (Request for Information) sowie einer standardisierten, gewichteten Bewertungsskala
- Abschlussbeurteilung: Abschließende Bewertung kundenspezifischer Use-Cases sowie eine finanziellen Betrachtung der anfallenden Gesamtkosten und eine qualitative Beurteilung der strategischen Eignung.
Neben Standardfunktionen müssen auch erweiterte Funktionalitäten (z.B. Szenario-basierte Planungs- & Entscheidungsunterstützung oder Einbindung AI/ML-basierter Optimierungsalgorithmen) diskutiert werden. Ziel hierbei ist es, zukunftsrelevante Fähigkeiten zu ergänzen, um damit den Anforderungskatalog auch unter dem Gesichtspunkt perspektivisch wichtiger Differenzierungsmerkmale auszugestalten.
Es empfiehlt sich eine geschäftsfallspezifische Priorisierung des Anforderungskatalogs vorzunehmen (bspw. durch MoSCow-Priorisierung in „must“, „should“ und „could“ Anforderungen) und damit ein, möglichst akkurat auf den Kunden zugeschnittenes, Bewertungsschema aufzusetzen.
Im Rahmen von Demo-Terminen nach der Anforderungsdefinition und Nutzung inhaltlich standardisierter Skripte zur Gewährleistung vergleichbarer Präsentationen, kann ein Unternehmen die Softwareeignung für die eigenen Prozessbesonderheiten abprüfen. Somit wird die Auswahlentscheidung verbessert und der Buy-in der eigenen Mitarbeitenden für die anschließende Implementierung gesichert.
Implementierung – In Sprints zum Ziel
Bei der Implementierung sollten die folgenden Bereiche parallel und abgestimmt voranschreiten:
- Prozessuale und organisatorische Implementierung
- Technische Systemimplementierung
- Change Management
Besonderer Fokus sollte auf die Kontrolle einer schleichenden Ausweitung funktionaler Anforderungen gelegt werden, die oft auf eine unzureichend diskutierte Designphase zurückzuführen ist. Für die Tool-Implementierung sollte entsprechend dem Schema unten grob geplant und nachher mit Sprints verfeinert werden:
- Aufsetzen Planungsstruktur/-strategie und Stammdaten
- Aufsetzen des S&OP-Prozesses
- Bedarfsplanung Volumen
- Bedarfsplanung Finanzen
- Reporting Bedarfsplanung
- Supply Planning
- Reporting Bereitstellungsplanung
Zusätzlich empfehlen wir:
- eine Sprintlänge von drei Wochen, um genügend Zeit für das Unit-Testing der einzelnen Anforderungen („User Stories“) zu haben
- ein umfassendes Change Management, welches über bloße Schulungen der Mitarbeitenden hinausgeht und ein ganzheitliches Konzept inklusive Kommunikationsplan auf unterschiedlichen Ebenen der Organisation aufweist
- bei der Tool-Implementierung insbesondere auf Schnittstellen zu umliegenden Systemen, wie beispielsweise ein ERP- oder Finanzplanungstool, zu achten
- die Durchführung einer S&OP-Prozess Trockenübung mit den entsprechenden Stakeholdern
Konsequent und bewusst die Projektstruktur leben und Stakeholder aktiv miteinbeziehen
Obwohl viele der oben aufgeführten Punkte nicht neu sind und eine generelle Gültigkeit im Rahmen von Transformationsprojekten mit einer IT-Komponente besitzen, tun sich Unternehmen immer noch schwer diese konsequent im Projekt zu verfolgen. Ebenfalls werden oft die relevanten Stakeholder nicht frühzeitig oder nur am Rande involviert, was zusätzlich die Akzeptanz des Unterfangens im Unternehmen schmälert.
Möchten Sie Ihre Reise einer integrierten Planung starten? Dann kommen Sie auf uns zu und profitieren Sie von unserer praktischen Erfahrung.
Dombrowski, J. / Spörri, C. / Tödt, S.