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Digitalisierung strukturiert angehen, zielgerichtet steuern und erfolgreich umsetzen (Teil 2)

Die ganzheitliche Umsetzung der Digitalisierung stellt zahlreiche Unternehmen vor Herausforderungen. In unserer dreiteiligen Artikelreihe zeigen wir Ihnen daher auf, wie Sie Digitalisierung erfolgreich angehen, steuern und nachhaltig Ergebnisse realisieren.

Nachdem wir uns im ersten Teil auf die Strukturierung der Digitalisierung fokussiert haben, gehen wir im Folgenden auf das wertorientierte Aufsetzen und Steuern ein, bevor wir im dritten Teil die Verankerung und dynamische Weiterentwicklung näher beleuchten.

Die Digital-Value-Studie von Horváth & Partners, für die rund 300 Entscheider aus dem DACH-Raum befragt wurden, hat deutlich gemacht, dass mittlerweile mehr als 36 Prozent der Unternehmen ihr Gesamt-Investitionsvolumen auf Digitalisierungsprojekte allokieren. Gleichzeitig gaben 73 Prozent an, ihre Digitalisierungsinvestitionen aktiv mit einem dedizierten Ansatz zu steuern. Dabei nutzt fast die Hälfte (46 Prozent) bereichsspezifische Steuerungsansätze, die zwar leichtgewichtig und sicherlich effektiv sind, jedoch keinen ganzheitlichen Blick auf die Unternehmensdigitalisierung bieten. Nachfolgend stellen wir daher einen Ansatz vor, der sowohl leichtgewichtig als auch ganzheitlich ist.

Unstrukturiertes steuerbar machen: Moderne Portfolioansätze und Normstrategien

Unternehmensdigitalisierung wird vielfach als unstrukturiert und facettenreich wahrgenommen. Eine erste Strukturierung erfolgt über die Unterteilung in Value Lever und Enabler, beispielsweise auf Grundlage unseres Digital Transformation Framework (siehe Teil 1 unserer Artikelreihe). Für die Operationalisierung hin zu einem Steuerungsansatz sind Instrumentarien zu ergänzen, die Transparenz schaffen und die Umsetzung in konkrete Maßnahmen ermöglichen. Dies erfolgt einerseits durch einen Portfolioansatz, der nach moderner Maßgabe gestaltet werden sollte. Andererseits empfiehlt es sich, Normstrategien festzulegen, welche dabei unterstützen, die grundsätzlich richtigen Schwerpunkte zu setzen.

Achsen des Erfolgs: Value Lever oder Enabler? Zukunftsorientiert oder stabilisierend?

Die zeitgemäße Steuerung der Digitalisierung beruht auf einem modernen Portfolioansatz, welcher das Steuerungsfeld auf Grundlage von zwei Dimensionen ordnet.

Die Primäre Steuerungsdimension umfasst die Unterteilung in Value Lever und Enabler und die damit verbundene grundsätzliche strategische Stoßrichtung. Hierbei stellen Value Lever die markt- und wettbewerbsorientierte Unternehmensdigitalisierung dar. Der Fokus liegt klar auf einer Stärkung der Marktposition, des Wertumlaufs-, des Realgüter- und Managementprozesses – in einer betriebswirtschaftlich-logischen Durchgängigkeit.

Enabler beziehen sich auf strategische Ressourcen, d.h. die Stärkung der internen Leistungsfähigkeit des Unternehmens in Bezug auf Technologie, Informationskapital und Humanressourcen – aus einer Bestands- und Bedarfsperspektive.

Die Sekundäre Steuerungsdimension unterteilt Digitalisierungsmaßnahmen bezüglich der Gegenwarts- oder Zukunftsorientierung. Zukunftsorientierte Maßnahmen sind durch unmittelbare Kosten gekennzeichnet; mit einem direkten Mittelrückfluss ist nicht zu rechnen. Gegenwartsorientierte Maßnahmen zielen hingegen auf die Realisierung eines kurzfristigen Mittelzuflusses ab.

Die Klassifikation der aktuellen und geplanten Digitalisierungsvorhaben entlang dieser Achsen ermöglicht es, Transparenz über das Digitalisierungsportfolio eines Unternehmens herzustellen. Gleichzeitig können aus der reinen Verteilung erste Rückschlüsse auf die Ausgewogenheit und etwaige Schwerpunkte gezogen werden. So lassen sich Investitionsschwerpunkte, aber auch „weiße Flecken“ leicht erkennen und einordnen.

Eine Investition in Technologie (Enabler) ohne gleichzeitige Investitionen in marktorientierte Value Lever (z.B. Automatisierung der Wertschöpfungsprozesse) führt beispielsweise zu keiner oder einer unzureichenden Abschöpfung des betriebswirtschaftlichen Nutzens.

Mit einfachen Strategien konsequent zum Erfolg

Auf Grundlage der hergestellten Transparenz sowie ggf. erster Adjustierungen des Portfolios lassen sich Normstrategien für die Aussteuerung des Portfolios ableiten. Durch eine Dynamisierung zerfallen die strategischen Optionen in explorative, zukunftsorientierte Strategien („Invest & Try Out“) sowie abschöpfende, gegenwartsorientierte Strategien („Earn & Perform“).

Invest & Try Out beschreibt damit einerseits die Investition in Value Lever, d.h. markt- und wettbewerbsorientierte Faktoren mit dem Ziel einer späteren Abschöpfung. Hierunter fallen vor allem Investition in langlaufende Initiativen, wie den Aufbau eines neuen digitalen Geschäftsmodells oder die Etablierung eines digitalen Produkts. Andererseits kann in nicht unmittelbar verwertbare Enabler investiert werden, beispielsweise Basistechnologie, große Datenbestände oder das Potenzial eines Partnernetzwerks. Alle Aktivitäten zielen auf das Lernen und Ausprobieren mit dem Zweck einer späteren Verwendung ab.

Earn & Perform umfasst zum einen die Investition in Value Lever, die eine unmittelbare monetäre Abschöpfung ermöglichen. Das kann etwa die Automatisierung unterstützender Prozesse mit dem Ziel der Kostenreduktion sein („Earn“). Zum anderen kann in Enabler investiert werden, die zu einem unmittelbar verwertbaren Ergebnis führen. Dies kann zum Beispiel eine umfassende Befähigung der Mitarbeiter im Bereich digitaler Skills sein, die direkt im beruflichen Alltag einsetzbar sind („Perform“).

Direkt anwendbare Instrumente zur Steuerung des Digitalisierungsportfolios

Über die dargestellte Portfoliodistribution hinaus lassen sich aus Portfolioübersicht und Normstrategien mehrere einfache, dennoch steuerungsscharfe Instrumente ableiten.

So lässt sich die Ressourcenallokation (Geld, Personentage) visualisieren, sodass weitere „Unwuchten“ im Digitalisierungsportfolio leicht erkennbar sind. Weiterhin kann der Status der Vorhaben gekennzeichnet werden, beispielsweise über Farbcodierung mit Ampelfarben, um einen Eindruck über den Fortschritt und ggf. „notleidende“ Projekte zu gewinnen.

Darüber hinaus lässt sich das aufgestellte Portfolio dynamisieren, um den Lebenszyklus eines Vorhabens oder mehrerer zusammengehöriger Vorhaben darzustellen. Hierdurch können Erwartungen an den Wechsel von der Investitions- in die Abschöpfungsphase stabilisiert werden sowie bei Bedarf steuernd eingegriffen werden (mehr Ressourcen, Beendigung des Vorhabens). Durch eine monetäre Bewertung im Rahmen dieser Sichtweise lassen sich zu erwartende Ein- und Auszahlungen ableiten, um das Instrumentarium mit der klassischen Unternehmenssteuerung zu vereinen.

Nach der Grundlegung und Steuerung werden wir im dritten und letzten Teil unserer Artikelserie die Umsetzung einer umfassenden Unternehmensdigitalisierung darstellen. Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie sich zu diesen Themen austauschen möchten!

Dr. Burmester, L.