Insurance Insights

Wie PKV-Unternehmen über digitale Services Alltagsrelevanz und Differenzierung erreichen

+++ Viele digitale Gesundheitsservices schaffen es nicht in den Alltag der Versicherten +++ Digitale Vernetzung häufig nicht durch nahtlose User Experience erlebbar +++ PKV unter Zugzwang, um Anschluss an GKV nicht zu verlieren +++

Telemedizinische Anwendungen erfahren einen Boom. Entlang der gesamten Patientenreise ist eine Vielzahl verschiedener Angebote im Markt beobachtbar: Symptome prüfen mit „Ada“, Arzttermine online buchen über „Doctolib“, Tinnitus-Patienten unterstützen mit „Kalmeda“. Zudem gibt es seit Ende 2020 stetig neue „Apps auf Rezept“ (DiGA) – mit Stand März sind es elf digitale Gesundheitsanwendungen, deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden können. Beispiele sind „M-Sense“ zur Migräne-Behandlung, „Selfapy“ mit Online-Kursen für Betroffene einer Depression oder „zanadio“ zur Unterstützung dauerhafter Gewichtsreduktion.

Gebündeltes Angebot mit echtem Mehrwert fehlt

Kunden entlang der gesamten Patientenreise begleiten, anleiten und begeistern – das wollen auch PKV-Unternehmen. Daher bieten sie eine Vielzahl digitaler Services an, um sich vom reinen Leistungserstatter hin zu einem Gesundheitspartner zu entwickeln. Ein gebündeltes und integratives Serviceangebot ist hier jedoch häufig nicht zu finden. Die Versicherer bieten zwar einige Apps und Services, diese sind aber nicht durchgängig miteinander verknüpft. Zudem stoßen sie – mit Ausnahme der digitalen Rechnungseinreichung – nicht auf besonders hohes Interesse, was geringe Nutzerzahlen erkennen lassen. Denn in den meisten Fällen weist das digitale Angebot separate Login-Zugänge, Schwächen in der User Experience und insgesamt einen häufig zu geringen Mehrwert auf. Mit dieser Aufstellung fällt es schwer, sich dauerhaft und nachhaltig einen Platz in den Nutzungsgewohnheiten der Versicherten zu sichern und Kunden für die private Krankenversicherung zu gewinnen.

Vernetzung der Akteure schreitet voran

eHealth wird per Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung in Deutschland. Seit 2021 sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, den über 70 Mio. gesetzlich Versicherten ein einheitliches Angebot digitaler Services, vernetzt über die Telematikinfrastruktur (TI), in Form der elektronischen Patientenakte (ePA) zur Verfügung zu stellen. In dieser können, sofern der Versicherte das möchte, Erkrankungs- und Behandlungshistorie, persönliche Erklärungen sowie Vitalitäts- und Fitnessdaten gespeichert werden.

Zusätzlich wird das elektronische Rezept (eRezept) für die digitale Übermittlung verschreibungspflichtiger Arzneimittel über die TI ab dem 1.1.2022 verpflichtend. Das eRezept ist eine notwendige Voraussetzung für Diagnosen und die Behandlung per Telemedizin und wird den Versicherten voraussichtlich als separate App zur Verfügung gestellt. Der Gesetzgeber treibt die Vernetzung der Akteure also mit Hochdruck voran – allerdings mit Fokus auf GKV; die rund 9 Mio. privat Versicherten werden frühestens ab 2022 sukzessive an die TI angebunden.

Die PKV-Unternehmen haben in den letzten Jahren reagiert: einerseits durch den Gesellschaftereinstieg des PKV-Verbandes in die gematik, andererseits durch Kooperationen mit anderen PKV bzw. auch GKV-Unternehmen. Viele der großen PKV-Unternehmen haben sich einem der drei Kooperationsverbünden angeschlossen (Vivy, MGS Meine Gesundheit/CompuGroup Medical, TK-Safe/IBM), die eigene digitale Services rund um eine elektronische Gesundheitsakte aufbauen. Dadurch wird der Wettbewerb verdichtet und Differenzierungsmöglichkeiten für die einzelnen PKV-Unternehmen erschwert.

Unsere Empfehlung: Smarte Weiterentwicklung der digitalen Rechnungseinreichung und unternehmensspezifisches digitales Serviceportfolio

PKV-Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen. Sie müssen ihre Kernservices digital anbieten (bisher: v.a. digitale Rechnungseinreichung, zukünftig: auch ePA). Gleichzeitig ist es erforderlich, dass sie sich von ihren Wettbewerbern abheben, beispielsweise über digitale Services, und sich damit unternehmensspezifisch positionieren.

Der Mehrwert der digitalen Rechnungseinreichung ist für Versicherte offensichtlich und sollte daher ein digitaler Kernservice von PKV-Unternehmen sein. Dieser kann aber – wettbewerbsdifferenzierend – um smarte Funktionalitäten ausgebaut werden, um die Convenience für Kunden weiter zu steigern und Begeisterungsmomente zu kreieren. Das Einreichen von Belegen digital per App kann ergänzt werden, zum Beispiel um die sofortige Anzeige möglicher Beitragsrückerstattungen, den Stand der verbrauchten Selbstbehalte, den Bearbeitungsstand und um die Soforterstattung. Auch die (voll-)automatisierte Bearbeitung der eingereichten Rechnungen bietet großes Potenzial, um die Durchlauf- und damit Antwortzeit deutlich zu reduzieren.

Die elektronische Patientenakte kommt – auch für privat Versicherte – und wird in Zukunft ein digitaler Kernservice sein. Über diesen allein ist eine Differenzierung zu Wettbewerbern nicht möglich. Erfolgsversprechend ist, ausgehend von der ePA, ein digitales Serviceportfolio zu bilden, welches eigene und externe Services für die Versicherten integriert (z.B. Arztsuche, Videosprechstunde oder Medikamentenmanagement, aber auch ePA, eRezept und DiGAs). Dieses Serviceportfolio muss zur unternehmensspezifischen Positionierung passen, echten Mehrwert für Kunden bieten und miteinander verknüpfte, digitale Funktionen mit nahtloser User Experience ermöglichen. Einfachheit in der Bedienung ist essenziell, um signifikante Nutzungsquoten zu erreichen.

Die Kunst liegt in der Auswahl der digitalen Services, welche über die Kernservices Rechnungseinreichung und ePA hinausgehen, um die unternehmensspezifische Positionierung zu unterstützen. Sollen Verwaltungskosten reduziert, Leistungskosten gesenkt oder die Vertriebskraft gesteigert werden? Es muss Klarheit bestehen, welcher Service welches Ziel unterstützen soll. Ein digitales Zielbild fungiert hierbei als strategischer Kompass, um die richtigen Entscheidungen zur Auswahl digitaler Services zu treffen und in der Umsetzung die eigenen Ressourcen zielgerichtet einsetzen zu können.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Welchen Wirkungsgrad entfalten Ihre digitalen Services hinsichtlich Ihrer Unternehmensziele? Wie nutzen Sie die neuen Möglichkeiten der TI ab 2022, um Ihre unternehmensspezifische Positionierung zu schärfen? Wie schaffen Sie einfache, vernetzte und mehrwertstiftende Kundenreisen für Ihre Versicherten über Ihre digitalen Services? Gerne diskutieren wir diese Kernfragen und teilen unsere Erfahrungen im Gesundheitsmarkt bezüglich der erfolgreichen Umsetzung ähnlicher Fragestellungen mit Ihnen. Sprechen Sie uns an!

Müller, M. / Schröder, I.