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Stand der Verhandlungen für den Net Zero Industry Act (NZIA)

Aufgrund eines global zunehmenden Wettlaufes um die Technologieführerschaft in Cleantech-Bereichen, ist nach Auffassung der Europäischen Kommission eine stärkere Förderung der europäischen Industrie notwendig. Der Legislativ-Vorschlag soll eine Antwort darstellen auf Initiativen wie z. B. den US Inflation Reduction Act, der vor allem darauf abzielt, die Attraktivität des Standortes USA zu erhöhen. Ebenso auf Vorhaben von Ländern wie China, Japan, Indien u. a. Der Plan der EU zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit unter Einhaltung der Klimaziele beruht auf vier Säulen:
Die Gesetzesinitiative „Net Zero Industry Act“ (NZIA) ist ein maßgeblicher Teil der ersten Säule (neben zum Beispiel dem geplanten europäischen Rohstoffgesetz) und liegt derzeit als Entwurf vor.
Derzeit ist der NZIA noch nicht mit finanziellen Mitteln unterlegt.
Als Vehikel zur Operationalisierung der ambitionierten europäischen Pläne soll der NZIA eine unternehmensfreundliche und wettbewerbsorientierte europäische Industriepolitik ermöglichen. Hauptinstrumente dafür sind sektorielle Zielsetzungen für die Produktion innerhalb der EU bis 2030 und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Eine weitere Regelung, die Priorisierung von „strategischen Klimaindustrieprojekten“ (Net Zero Resilience Projects), ist derzeit noch umstritten.
Folgende Technologien sollen mit entsprechenden Sektorzielen gefördert werden:
Weitere geförderte Technologien umfassen Biogas sowie Technologien für Netzausbau und Energie-Speichertechnologien. Durch die Sektorziele sollen bis 2030 40 Prozent der entstehenden Kapazitäten aus Produktionsstätten der EU stammen.
Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren sind insbesondere eine Begrenzung der Verfahrensdauer auf neun Monate (für Produktionsstätten < 1 GW) bzw. 12 Monate (für Produktionsstätten > 1 GW). Wird innerhalb der Frist von den Behörden keine ablehnende Entscheidung getroffen, kommt dies einer Genehmigung gleich (sofern die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen ist). Bei nicht-strategischen Projekten verlängern sich die Fristen auf 12 bzw. 18 Monate.
Weitere Regelungen umfassen die explizite Ausweisung von Gebieten, die für die Speicherung von CO2 geeignet sind, die Anwendung von Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien auf öffentliche Ausschreibungen und Auktionen sowie neue Institutionen zur EU-weiten Unterstützung der Transformation.
Im Anschluss an die Ankündigung des Green Deal Industrial Plans wurde im März ein erster Entwurf für den NZIA von der EU-Kommission veröffentlicht. Die Verhandlungen sollen durch eine Einigung zwischen dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten baldmöglichst abgeschlossen werden, jedenfalls jedoch vor der nächsten Europawahl 2024. Ein genauer Zeitplan, bis wann die Beschlussfassung geschehen sein soll, ist von offizieller Seite noch nicht erhältlich. Es ist jedoch mit einer Einigung noch im Laufe des Jahres zu rechnen.
Christian Ehler als Abgeordneter und Berichterstatter des Europaparlaments äußerte sich im Mai und Juni 2023 mehrfach mit Forderungen nach der Einrichtung von Net-Zero-Valleys zu Wort. In diesen Valleys soll die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits vorab aus öffentlicher Hand erfolgen, zudem soll den Mitgliedstaaten erlaubt werden, diese Valleys zu subventionieren. Desweiteren wird von Ehler die Verknüpfung der Kriterien für grüne Technologien mit der EU-Taxonomie gefordert (bislang nicht erfolgt). Die Priorisierungsstufe der „strategischen Klimaindustrieprojekte“ (Net Zero Resilience Projects) soll gestrichen werden, da eine Beurteilung der Projekte dem Vorschlag der Kommission im Entwurf zufolge erst nach Projektstart möglich wäre und in Unsicherheit resultieren würde. Um notwendige Lieferketten für die Produktion zu fördern, soll der Scope des NZIA zudem im Ende-zu-Ende-Prinzip ausgeweitet werden. Um mehr Effektivität des NZIA zu erreichen, sollen zusätzliche Finanzmittel beispielsweise aus dem EU-Souveränitätsfonds bereitgestellt werden.
Vertreter des Brüsseler Think Tanks „Bruegel“ fassten ihre Kritik und Änderungsvorschläge kürzlich ebenfalls in fünf Punkten zusammen:
Deeg, M. / Kaufmann, S.