Insurance Insights

Nachhaltigkeitsaspekte im Schadenmanagement erfolgreich umsetzen

Industrieunternehmen setzen sich bereits seit langem damit auseinander, wie sie ihre Produktionsprozesse nachhaltiger gestalten können. Inzwischen kann sich auch die Finanzbranche dem Thema Nachhaltigkeit nicht länger verschließen. Steigende regulatorische Anforderungen und der zunehmende Druck von Stakeholdern, Mitarbeitenden und Kunden wirken sich in unterschiedlichem Maße auf die Wertschöpfungskette der Versicherungen aus. Während beispielsweise in der Kapitalanlage bereits ein hoher Reifegrad erreicht wurde, sieht dies im Schadenmanagement anders aus: Aktuell sind dort nur wenige Aspekte anhand nachhaltiger Kriterien ausgerichtet. Es gibt jedoch vielversprechende Lösungsansätze hierfür.

Der Bedarf von Nachhaltigkeit im Schaden ergibt sich aus internen sowie externen Einflussfaktoren und ist im Spannungsfeld des sogenannten Schadendreieck auszubalancieren: Kundenzufriedenheit, Schadenaufwand und Prozesseffizienz.

Ausrichtung auf Nachhaltigkeit erhöht die Kundenzufriedenheit

Der Schaden-/Leistungsfall ist einer der erfolgskritischsten Kontaktpunkte zwischen dem Versicherer und seinem Endkunden. In diesem „Moment of Truth“, zeigt sich, wie gut und in welcher Form der Versicherer sein Leistungsversprechen einhalten kann. Gelingt es, diesen Kontaktpunkt positiv zu nutzen, spiegelt sich dies auch in strategischen Kennzahlen wie dem Net Promoter Score (NPS) wider.

Im Kontext der Schadenregulierung wächst der Kundenanspruch. Diese soll schnell, unkompliziert, transparent und zukünftig auch nachhaltig sein. Eine von Forsa durchgeführte Horváth-Umfrage verdeutlicht, dass sich 60 Prozent aller Kunden eine nachhaltige Schadenregulierung wünschen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Versicherer ihre internen Schadenprozesse analysieren. So gibt es zum Beispiel beim Kfz-Schadenprozess diverse Ansatzpunkte, um Nachhaltigkeit zu integrieren – von der Schadenmeldung über die Steuerung bis zur Regulierung. Wesentlich ist hierbei auch die Sensibilisierung des Partnernetzwerks sowie der Vertriebspartner. Diese sollten ebenfalls ihre Prozesse hinsichtlich einer nachhaltigen Bearbeitung prüfen; denkbar ist etwa, dass sie Elektroautos als Ersatzfahrzeuge anbieten. Zudem gilt es, die Kompetenzen auf eine sich stärker auf Nachhaltigkeit ausrichtende Umwelt zu prüfen: Ist das Partnernetzwerk beispielsweise in der Lage, neue Schäden wie den Batterieschaden eines Elektrofahrzeugs zu regulieren? Im Rahmen der Schadensteuerung sollte die Instandsetzungsform entlang definierter Parameter abgeleitet werden, die Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Die Schadenregulierung kann das Thema Nachhaltigkeit zusätzlich durch eine klima- und ressourcenschonende Ausgestaltung der Reparatur (z. B. Reparatur statt Austausch) und/oder Nachhaltigkeit in Form einer fiktiven Abrechnung (z. B. anteilige Spende bei Einsparpotenzialen) aufgreifen.

Schadenaufwand nachhaltig senken

Die Schadenquote, welche die Aufwendungen eines Versicherers für die Schadenbearbeitung und Regulierung beziffert, macht in fast allen Sachsparten rund 75 Prozent aus. Daher ist es elementar, Schäden – sofern möglich – bereits vor Eintritt zu verhindern und hierfür entsprechende Grundlagenarbeit zu leisten (Stichwort Schadenprävention). Die damit einhergehenden Maßnahmen werden nicht nur von den Kunden als zukunftsorientiert und wertschätzend wahrgenommen, sondern senken auch nachhaltig den Schadenaufwand.

Durch den Klimawandel nehmen die Frequenz und das Ausmaß von Naturkatastrophen zu. Das zwingt die Versicherer dazu, sich über den Umfang der Risiken und die Möglichkeiten des Umgangs bewusst zu werden – und sich aktiv dafür einzusetzen, entsprechende Schäden möglichst zu minimieren. Nachhaltigkeit kann im Rahmen dieser Entwicklung Kosten senken und sogar neue Geschäftspotenziale eröffnen (z. B. durch erweitere Versicherungen für Naturkatastrophen) sowie die Etablierung eines Alleinstellungsmerkmals ermöglichen (z. B. Instandsetzungsnetzwerke, die auf die wachsenden Anforderungen ausgerichtet sind). Lösungsansätze können beispielsweise in diesem Kontext umgesetzt werden:

  • Durchführung von Bestandsanalysen bezüglich Unwetterrisiken und Ableitung von Informations-/ Präventionsmaßnahmen
  • Aktive Teilnahme bei der Prüfung von Bebauungsplänen zur Risikobewertung
  • Analyse des Sach-Netzwerks und Prüfung möglicher Lücken bei Unwetterereignissen

Prozesseffizienz effektiv steigern

Die Digitalisierung und damit einhergehend innovative und automatisierte Anwendungen ermöglichen es, die Produktivität für die Schadenbearbeitung deutlich zu erhöhen. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt hierbei eine wichtige Rolle. Die Zunahme an nachhaltigen Produkten (z. B. E-Autos, private Solaranlagen, umweltfreundliche Baumaterialien usw.) erfordert eine angepasste Schadenaufnahme, -bewertung und -regulierung – und wirkt sich direkt auf die bestehenden Prozesse und deren Effizienz aus.

Egal, ob es um die gesteigerten Möglichkeiten zur Vernetzung geht, um den Einsatz von künstlicher Intelligenz oder um die Schulung der Mitarbeitenden zum Aufbau neuer, erforderlicher Kompetenzen: Sämtliche Prozessschritte erfahren neuartige Druckpunkte, was eine Prüfung anhand von Nachhaltigkeitsaspekten unabdingbar macht. Wenn Versicherer dies konsequent realisieren, können sie bisher ungenutzte Potenziale heben.

Nachhaltigkeit im Schaden entlang von sechs Schritten umsetzen

Um die Lösungsansätze zur Integration von Nachhaltigkeit im Schadendreieck umzusetzen, empfehlen wir die Erarbeitung des Zielbildes „Nachhaltigkeit im Schaden“ durch ein klar methodisches Vorgehen entlang von sechs Schritten:

  1. Analyse des Status quo: Der aktuelle Reifegrad im Kontext der Nachhaltigkeit wird erfasst und erste Handlungsfelder werden identifiziert.
  2. Definition des Zielbilds/Ambitionsniveaus: Das Zielbild sowie gewünschte Ambitionsniveaus der Nachhaltigkeit werden entlang des Schadendreiecks definiert (Kundenzufriedenheit, Schadenaufwand und Prozesseffizienz).
  3. Identifikation von Maßnahmen: Eine Gesamtliste mit Maßnahmen zur Etablierung von Nachhaltigkeit wird erstellt (u. a. mittels Best-Practice-Impulsen).
  4. Bewertung und Priorisierung: Maßnahmen werden anhand des definierten Zielbilds und der Ambitionsniveaus bewertet. Die Top-Maßnahmen werden als Steckbrief ausgearbeitet.
  5. Ableitung der Umsetzungs-Roadmap: Die Auswahl sowie Umsetzungsfolge der Maßnahmen werden abgeleitet.
  6. Umsetzung und Nachhalten: Maßnahmen werden operativ umgesetzt und anhand KPIs bezüglich des Erfolgs gemessen.

Sie möchten Ihre Fragestellungen und Maßnahmen zum Thema Nachhaltigkeit im Schadenmanagement mit uns diskutieren oder sich zu weiteren Ideen austauschen? Kontaktieren Sie uns hierzu gerne jederzeit.

Steinbrück, P. / Zinnhobler, M.