Insurance Insights

Gesundheitsmanagement in der PKV: Vom Wettbewerb absetzen und Kundenbegeisterung auslösen

+++ Gesundheitsmanagement ist strategisches Element für PKV, um sich im Wettbewerb zu positionieren +++ Vom Kunden wahrgenommene Erfüllung des Leistungsversprechens als zentraler Erfolgsfaktor +++ Entwicklung des Gesundheitsmanagements erfordert strukturierte Entwicklung des Leistungsspektrums sowie der Organisation. +++

Das Thema Gesundheit nimmt einen immer höheren Stellenwert in der Gesellschaft ein. Auch aus diesem Grund steigt die Erwartungshaltung der Kunden an die Services und Leistungen ihrer Krankenversicherung. Zunehmender Wettbewerbsdruck – nicht nur zwischen den privaten Krankenversicherungen (PKV), sondern vor allem im Wettbewerb zu den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) – erfordert immer mehr Differenzierung über spezifische Services und Leistungen. Jede PKV muss ein attraktives Beitragsniveau im Wettbewerb mit der GKV und mit anderen PKV durch das aktive Management der Leistungsausgaben im Rahmen von Gesundheitsmanagement sicherstellen. Zugleich muss eine PKV die Erwartungen ihrer Kunden an einen ganzheitlichen Gesundheitsversorger mit (digitalen) Services in Prävention, Diagnose und Information, Behandlung und Monitoring sowie Administration erfüllen. Dieser Spagat aus Kostensenkung und Erwartungen der Kunden erfordert klare strategische Ziele und eine mittelfristige Umsetzungsplanung mit Entwicklungsstufen.

Der Handlungsdruck auf PKV-Unternehmen wächst, aber die jeweilige Ausgangslage ist sehr unterschiedlich. Während sich große Versicherer in vielen Handlungsfeldern zum Gesundheitsmanager entlang der gesamten Versorgungskette entwickeln, hinken andere dem Markt hinterher. Viele Versicherungen stehen noch am Anfang des Leistungsausbaus hin zum Gesundheitsmanager und bei einigen ist keine strategische Ausrichtung oder ein Masterplan erkennbar. Aber gerade hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Vor allem mittlere oder kleinere PKV müssen eine klare Vorstellung haben, wie sie sich eindeutig positionieren. Ein „me too“ hebt nicht vom Wettbewerb ab und ist bei manchen Unternehmen mangels verfügbarer Ressourcen nicht möglich. Einige Versicherer versuchen, sich in einzelnen Handlungsfeldern zu positionieren, wie beispielsweise die SDK, die eine eigene, auf komplexe Themen spezialisierte Gesundheitsberatung aufbaut.

Kundenzentrierung als wesentlicher Erfolgsfaktor

Für alle Versicherer gilt jedoch: Kundenzentrierung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wer ist mein Kunde? Was braucht er? Was wünscht er? Wie viel ist er bereit zu zahlen? Diese und weitere Fragen müssen beantwortet werden, bevor ein Gesundheitsmanagement entwickelt werden kann. Abseits der vergleichbaren Tarifangebote und der in vielen Unternehmen bereits umgesetzten schlanken, schnellen Sachbearbeitung, zum Beispiel mit Rechnungs-Apps, digitaler Gesundheitsakte oder Medikamentenmanagement, muss der Kunde Begeisterungsleistungen erleben. Hierzu zählt etwa der PKV-Mitbearbeiter als “Kümmerer”, der die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt stellt. Denn nur im „Moment of Truth“ zeigt sich für den Kunden der Wert seines immateriellen Gutes Krankenversicherung. Die von ihm wahrgenommene Erfüllung des Leistungsversprechens ist für die positive Einstellung und die daraus folgende Promotionsbereitschaft entscheidend. Eine in Marketing, Verkaufsförderung und Verkauf erzeugte Erwartungshaltung muss im Bedarfsfall aus Kundensicht erfüllt werden. „Viel versprochen und wenig gehalten“ beschädigt die Beziehung schwerwiegend und ist kaum wieder gut zu machen. Ein starkes Qualitätsmanagement im Bedarfsfall ist daher erfolgskritisch.

Der Nutzen von Gesundheitsmanagement zeigt sich entlang der Customer bzw. Patient Journey. Für die Versicherungen stehen vor allem Wettbewerbspositionierung, mittel- und langfristige Leistungskostenreduktion und Empfehlungsbereitschaft im Vordergrund. Analoge und digitale Services, welche die Leistungskosten durch Prävention, Diagnose und Information bis zur Begleitung der Behandlung und Genesung des Kunden senken, erfordern aber zuerst Investitionen, zum Beispiel in die Datenbereitstellung und -analyse. Der Gesamt-Business-Case über den Customer Lifecycle ist dabei die richtige Perspektive für das Monitoring und die Bewertung des Erfolgsbeitrags von Gesundheitsmanagement-Services.

Darüber hinaus ist erfolgreiches Gesundheitsmanagement – neben der Wettbewerbspositionierung – für den Vertrieb ein Asset in der Kundenansprache und unterstützt das Neukundengeschäft.

Professionelles Gesundheitsmanagement wird aber nicht kurzzeitig in einer PKV etabliert werden können, sondern benötigt strategische Entscheidungen, klare Umsetzungsplanung und Ressourceneinsatz in Entwicklungsstufen bis hin zum professionellen Case- und Disease-Management. Um festzulegen, welche medizinischen Themen in welcher Reihenfolge und in welchem Detailgrad in den Services angeboten werden, sind Ziel- und Bestandskundenanalysen erforderlich. Im Entwicklungszeitraum müssen nicht nur die für die Kundenzielgruppen relevanten Angebote und Leistungen, wie Behandlung von psychischen Leiden oder Therapie von chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, entwickelt und vermarktet werden. Vielmehr muss die Organisation – gegebenenfalls durch Einbindung externer Dienstleister – auf ihre Rolle als Gesundheitsmanager ausgerichtet werden. Omnikanalfähige, schlanke Prozesse zur Erfüllung des Leistungsversprechens, praxisorientierte Data Analytics, tragfähige Digitalisierung der Services, Wissensmanagement und das richtige Mindset der Mitarbeiter an den Kundenkontaktpunkten sind nur einige Beispiele für Hygienefaktoren bezüglich einer erfolgreichen Umsetzung in der gewachsenen Organisation einer PKV.

Mögliche Entwicklungsstufen im Gesundheitsmanagement privater Krankenversicherer

Aufbau oder Weiterentwicklung des Gesundheitsmanagements erfordert strukturiertes Vorgehen entlang einer klaren Strategie

Strategische Analysen und die Festlegung einer mittel- bis langfristigen, quantifizierten Strategie zum Aufbau oder der Verbesserung des Gesundheitsmanagements werden ergänzt durch eine kritische Bestandsaufnahme bzw. Selbstanalyse der eigenen personellen, technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit über die gesamte Wertschöpfungskette.

Daraus werden eine klare Konzeption und Umsetzungsplanung entwickelt, die auf inhaltliche und finanzielle Machbarkeit geprüft sowie verabschiedet werden müssen. Teil davon ist die Analyse und Entscheidung zur Eigenentwicklung und Bereitstellung von Leistungen in der eigenen Organisation oder der Integration von Dienstleistern.

Der Erfolg des Gesundheitsmanagements entscheidet sich an den Kundenkontaktpunkten vom Sachbearbeiter bis zum Gesundheitsmanager. Im „Moment of Truth“ müssen die Services ihre Leistungsfähigkeit beweisen. Inhalt, Geschwindigkeit und Empathie im Kundenkontakt über alle Kanäle – vom Telefonat oder Live-Chat bis zur schriftlichen Information – sowie die dauerhafte, einheitliche Qualität der intern und extern erbrachten Serviceleistungen müssen das Kundenversprechen komplett einlösen.

Permanentes Monitoring und kontinuierliche Verbesserung des Gesundheitsmanagements sind nicht nur Aufgabe des Controllings. Die Leistungsfähigkeit des Gesundheitsmanagements hat Auswirkungen auf das Image und die Wettbewerbspositionierung des gesamten Unternehmens. Daher ist dies eine Funktion, die strategische, produktorientierte, prozessuale, technische und finanzielle Sichten vereinen muss. Die Kombination der verschiedenen Sichten in einer institutionalisierten Verantwortung sichert den dauerhaften – auch wirtschaftlichen – Erfolg.

Sechs Voraussetzungen als Grundlage für eine erfolgreiche Transformation

Aus unserer Sicht gibt es sechs Must-haves zur erfolgreichen Transformation einer PKV hin zu einem modernen Gesundheitspartner:

  1. Wir empfehlen die Festlegung und Umsetzung von für das Unternehmen verkraftbaren Entwicklungsstufen auf Basis einer klaren Strategie. Eine schrittweise Steigerung der Leistung von Prozessunterstützung über Präventionsangebote/Gesundheitsberatung bis zum Case- und Disease-Management in verschiedenen medizinischen Fachrichtungen ist ein Weg zur Entwicklung der Organisation einer PKV. 
  2. Basis einer zielgerichteten und bedarfsorientierten Kundenansprache und -begleitung ist die Kundenkenntnis in Form einer sauberen Bestandsdatenbasis. So können sich Serviceentwickler und Gesundheitsmanager ein vollumfängliches Bild vom Kunden verschaffen und diesem bedarfsgerechte Angebote machen. Dabei ist es sinnvoll, den verschiedenen Anwendern von Data Analytics bis Gesundheitsmanagern eine einheitliche Kundenbasis in unterschiedlichen Sichten zur Verfügung zu stellen.
  3. Zur Identifikation von zielgruppengerechten Bedarfen, Definition und Bewertung von Services und Leistungen auf Basis der Kunden- und Partnerdaten ist methodisch und inhaltlich ausgereiftes Data Analytics nötig. Es empfiehlt sich, die Analysekompetenz und Umsetzung in Maßnahmen der Kundenansprache und -betreuung schrittweise entlang von Zielgruppen und medizinischen Themenfeldern oder Krankheitsbildern auszubauen und zu monitoren.
  4. Um sich über Services und Leistungen nachhaltig vom Wettbewerb zu differenzieren, werden diese abhängig von der strategischen Zielsetzung und den verfügbaren Kompetenzen und Ressourcen in einem strukturierten Entwicklungsprozess mit Quality Gates und Reifegradbewertungen evaluiert. Wichtig ist dabei die Etablierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zur Service- und Leistungsentwicklung.
  5. Omnikanal-Touchpoints für Inbound- und Outbound-Kontakte sind die Erwartung eines jeden Kunden. Die Ausrichtung der Kundenkontaktpunkte an diesen Bedürfnissen in unterschiedlichen Phasen der Patient Journey bedeutet auch, die richtige Tonalität und Intensität zu treffen. Dies ist Inhalt von zielgerichteter Auswahl, Ausbildung und regelmäßigem Coaching der Ansprechpartner an den Kontaktpunkten. Wir empfehlen darüber hinaus den Aufbau eines starken Qualitätsmanagements, um das Leistungsversprechen dort optimal zu erfüllen.
  6. Umsetzungsvoraussetzung und treibende Kraft ist die Bereitstellung der richtigen internen Ressourcen – bei Bedarf ergänzt um Kooperationen oder strategische Allianzen mit spezialisierten Dienstleistern. Wesentlich ist hierbei die klare Zuweisung von Rollen und Verantwortlichkeiten für die Zusammenarbeit der internen und externen Ressourcen in den jeweiligen Aufgaben sowie die Einrichtung einer klaren Dienstleistersteuerung.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Gerne diskutieren wir die Kernfragen sowie die Möglichkeiten für den Aufbau oder die Weiterentwicklung Ihres Gesundheitsmanagements in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen. Kommen Sie auf uns zu!

Stumpf, F. / Leitzmann. C.