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Digitalisierung strukturiert angehen, zielgerichtet steuern und erfolgreich umsetzen (Teil 3)

Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Thema Digitalisierung einen deutlichen Schub erfahren. Doch wie können Unternehmen die Digitalisierung erfolgreich angehen, steuern und nachhaltig Ergebnisse realisieren?

Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns in unserer dreiteiligen Artikelreihe. Nachdem wir in den ersten beiden Teilen bereits die Strukturierung der Digitalisierung sowie das Aufsetzen und Steuern erläutert haben, befassen wir uns im Folgenden mit der Verankerung und dynamischen Weiterentwicklung.

Digitalisierung auf den Weg bringen – wo anfangen? Und wie weitermachen?

Dem Vorsatz einer umfassenden Unternehmensdigitalisierung steht oftmals eine sehr fragmentierte, unübersichtliche Ausgangssituation gegenüber: Während einige Unternehmensbereiche noch auf den Startschuss warten, haben andere bereits angefangen oder schon erste Ergebnisse realisiert. Zunächst muss demnach Struktur in die Situation gebracht werden, um dann einen abgestimmten Plan aufzustellen und entsprechende Initiativen aufzusetzen (oder ggf. „einzufangen“). Parallel zum Realisierungsbeginn ist eine angemessene Steuerung aufzusetzen, um zielgerichtet erste Erfolge einzufahren. Abschließend ist die systematische Planung, Umsetzung und Steuerung der Unternehmensdigitalisierung zu verstetigen.

Digitale Anamnese: Wie steht es um die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen?

Zum systematischen Aufsetzen oder zur Neuordnung der Unternehmensdigitalisierung ist eine saubere Bestandsaufnahme des Status quo und der bisherigen Entwicklung erforderlich. Um die Analysephase kurz zu halten und direkt verwendbare Ergebnisse zu produzieren, sollte mit einem Framework gearbeitet werden. Eine Unterteilung in Value Lever und Enabler hat sich hier als gute Praxis erwiesen (siehe Teil 1 unserer Artikelreihe): Bestehende Initiativen werden jeweils zu den Value-Lever- oder Enabler-Kategorien geordnet und bewertet. Auf Grundlage dieser hergestellten Transparenz lassen sich dann erste Aussagen zur Stimmigkeit des Initiativen-Portfolios in Bezug auf Zusammengehörigkeit sowie zu „Bebauungslücken“ treffen.

Planung des scheinbar Unplanbaren: Wie gestaltet sich der Weg in die Zukunft?

Angesichts der Volatilität vieler Umwelt- und Unternehmensfaktoren stellt sich die Frage, wie ein belastbarer Plan für die Unternehmensdigitalisierung gestaltet werden kann. Dieser besteht aus drei Aspekten: Dem Aufstellen einer am Minimum Viable Product (MVP) orientierten Roadmap, dem Aufsetzen und der Aufnahme von Steuerungsaktivitäten sowie dem „Einsammeln“ der Ergebnisse. Dabei bedingen sich diese drei Aspekte gegenseitig: Ohne Planung sind keine Steuerung und keine Ergebnisse möglich, ohne Steuerung entstehen Ergebnisse zufällig und ohne „Ergebnis-Inkasso“ wird betriebswirtschaftlicher Nutzen nur auf dem Papier gehoben.

Klein anfangen und groß weitermachen: Minimum-Viable-Product-Planung

Die Aufstellung eines initialen Plans erfolgt zunächst klassisch, wenngleich deutlich kleinteiliger: Initiativen sind auf feiner Granularität zu beschreiben und ihre Abhängigkeiten aufzuzeigen, Aufwände in monetärer und personeller Hinsicht zu schätzen und im Hinblick auf „Leistbarkeit“ zu bewerten. Damit liegt dann eine Art „Baukasten“ für die Gestaltung des initialen Plans vor.

Im Gegensatz zur klassischen Vorgehensweise sollten Verantwortliche jedoch dem MVP-Gedanken folgen: Initiativen und sinnvolle Abhängigkeiten sind derart zu kombinieren, dass ein grundsätzlich nutzbringendes, stabiles Ergebnis entsteht. Auf dieser Grundlage sollten sie den Plan graduell nutzbringend erweitern, indem sie zusätzliche Initiativen und deren Ausbaustufen einbeziehen. Falls sie hierbei Machbarkeits-Engpässe identifizieren, können alternative Realisierungsformen –beispielweise über das Partnernetzwerk – geprüft werden.

Hierdurch entsteht eine abgeschichtete Planung, in deren Kern das MVP steht. Weitere Ausbaustufen werden erst realisiert, wenn das MVP erfolgreich umgesetzt wurde. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass immer ein nutzbares Ergebnis erzeugt wird und man sich nicht – wie häufig beobachtet – in parallelen Initiativen verzettelt. Gleichzeitig wird so eine frühzeitige Verwendung der Ergebnisse sichergestellt und damit verbunden auch ein erster Mittelrückfluss, um die Finanzierung für weitere Initiativen und Ausbaustufen zu sichern.

Das Steuer übernehmen: Kurs auf Erfolg setzen und Initiativen ins Ziel führen

Parallel zur Planung des MVP muss die Umsetzungs- und Portfoliosteuerung aufgesetzt werden. Dabei haben sich moderne Portfolioansätze als geeignete und gleichsam leichtgewichtige Herangehensweise erwiesen.

Zunächst werden hierfür alle laufenden und geplanten Initiativen erhoben und entsprechend der Ordnungsmerkmale klassifiziert (Value Lever / Enabler; zukunftsorientiert, gegenwartsorientiert) und bewertet (Investition, Personentage, Status). Nachdem diese grundlegende Transparenz hergestellt ist, werden die wesentlichen Steuerungsprozesse aufgenommen, d.h. Planung, regelmäßige Berichterstattungs- und Vorschauprozesse. Abschließend erfolgt eine Synchronisation mit dem finanziellen Management im Hinblick auf das Nachhalten der Investitionsrechnung und der zu erwartenden Werteflüsse. Letztlich erfolgt dann die „Betriebsaufnahme“ durch Integration mit den Prozessen und Anlässen der klassischen Unternehmenssteuerung.

Ergebnis-Inkasso: Betriebswirtschaftlichen Nutzen ergebniswirksam heben

Nachdem die Steuerung der Unternehmensdigitalisierung „administrativ“ aufgesetzt wurde, gilt es diese während der Umsetzung des geplanten Portfolios professionell durchzuführen. Erfolgreiche Steuerung zeichnet sich hierbei durch Erzwingen („Einsammeln“) der in Business Cases versprochenen Mehrerlöse oder Kosteneinsparungen, d.h. ein „sauberes Ausführen der Instrumente“ ist noch kein Garant für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmensdigitalisierung. So macht sich z.B. eine umfassende Herstellung von Prozesstransparenz durch die Automatisierung geeigneter Prozesse auf einer hochperformanten Plattform erst dann im Ergebnis bemerkbar, wenn dadurch freiwerdende Kapazitäten umgewidmet oder abgebaut werden. Gerade dieser letzte Schritt wird – bei aller Begeisterung über die erzielten Projekterfolge – häufig vernachlässigt, sodass eine echte digitale Transformation unterbleibt.

Von der Einmal-Aktion zur Routine: Kontinuierliche digitale Transformation

Abschließend lässt sich festhalten, dass das beschriebene Vorgehen, die vorgestellten Instrumente sowie das angeregte Verhalten keine einmaligen Aktionen darstellen. Vielmehr sind diese kontinuierlich zu praktizieren, um das bekannte „Worst Practice“-Muster von „Digitalisierungs-Task-Forces“ oder anderen hektischen Aufholmaßnahmen zu durchbrechen.

Die vorgestellten Inhalte sind in der industrieübergreifenden Beratungspraxis entstanden und haben sich dort bewährt. Sollten Sie Interesse an vertiefenden Fallstudien oder einem konkreten Sparring Ihrer Situation haben, kommen Sie gerne auf uns zu.

Dr. Burmester, L.