Interview mit Wolfgang Heinrichs, Deutsche Bahn

Leistungsfähiger durch Digitalisierung

Die Finanzfunktion der Deutschen Bahn setzt mit einer ganzheitlichen Strategie auf Digitalisierung und Veränderung. Das Ziel ist eine qualitativ bessere Steuerung des Geschäfts, eine Steigerung der eigenen Effizienz sowie Exzellenz und somit letztendlich ein Wertbeitrag zum Erfolg der Deutschen Bahn. Wolfgang Heinrichs, Leiter des Konzernprogramms „FINANCE 4 DB“, erläutert im Interview, wie sich die CFO-Organisation wandelt und wie der Konzern insgesamt davon profitiert.

DIE DIGITALISIERUNG VERÄNDERT SÄMTLICHE GESCHÄFTSFELDER DER DEUTSCHEN BAHN RADIKAL. WIE STIMMT FINANCE 4 DB IHRE FINANZFUNKTION AUF DIESE TRANSFORMATION EIN?

HEINRICHS / FINANCE 4 DB treibt die Digitalisierung und die gemeinsame Veränderung der Finanzfunktion zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Dabei verfolgen wir zwei Ziele: zum einen, die operative Steuerung des Geschäfts noch gezielter zu unterstützen, indem wir performanceorientierte Reporting- und Prognosetools einsetzen und Daten in Echtzeit auswerten. Zum anderen können wir die Effizienz und die Exzellenz unserer eigenen Prozesse selbst steigern, indem wir unsere Prozess- und Systemlandschaften deutlich vereinfachen und vereinheitlichen.

WIE ERREICHEN SIE DIESE AMBITIONIERTEN ZIELE?

HEINRICHS / Wir setzen auf eine ganzheitliche Herangehensweise. Daher haben wir vier Handlungsfelder definiert, die den Rahmen vorgeben und zugleich die Reihenfolge unserer Aktivitäten beschreiben: Prozesse & Strukturen, Methoden & Instrumente, Rolle & Selbstverständnis sowie Fähigkeiten & Zusammenarbeit. Inhaltlich sind wir mit einer umfassenden Bestandsaufnahme gestartet und haben daraus konkrete Fokusprojekte abgeleitet, um eine spürbare Verbesserung bei den wesentlichen Finanzprozessen zu erreichen.

WELCHE PROZESSE NEHMEN SIE SICH ZUERST VOR?

HEINRICHS / Wir konzentrieren uns zunächst auf drei Fokusprojekte. Für Procure-to-Pay und Plan-to-Steer ist hierbei eine konsequente End-to-End-Prozessausrichtung handlungsleitend. In unserem dritten Fokusprojekt werden Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen durch die Konzeption einer integrierten Datenplattform angestrebt. In den kommenden Monaten werden wir gemeinsam mit der Konzernleitung und den Geschäftsfeldern detaillierte Konzepte entwickeln und diese ab dem ersten Quartal 2019 zügig umsetzen.

WORIN ZEIGT SICH IHR GANZHEITLICHER ANSPRUCH?

HEINRICHS / Bei den Fokusprojekten bearbeiten wir stets alle vier definierten Handlungsfelder. So unterstützen moderne IT-Methoden und -Instrumente die identifizierten Prozessverbesserungen. Parallel zur Prozess- und IT-Landschaft verändern sich auch die Rollen und Kompetenzen der in der Finanzfunktion tätigen Personen sowie die Art und Weise, wie sie in modernen Arbeitswelten zusammenarbeiten. All diese Entwicklungen führen wir in einem umfassenden Zielbild zusammen.

WIE MOTIVIEREN UND BEGEISTERN SIE DIE MITARBEITER FÜR EIN PROGRAMM, DESSEN ERGEBNISSE ERST AB DEM ERSTEN QUARTAL 2019 SPÜRBAR WERDEN?

HEINRICHS / Wir arbeiten parallel an sogenannten Schnellbooten, mit denen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung auch kurzfristig für uns nutzen. Dazu zählt etwa die Anbindung des Einkaufsportals an einen externen Marktplatzanbieter, wodurch das Produktportfolio von aktuell 1,5 Millionen Artikeln auf 25 Millionen Artikel erweitert wurde. Rechnungen werden somit direkt verbucht, ohne das Shared Service Center zu belasten, und Prozessdurchlaufzeiten signifikant verringert. In einem anderen Schnellboot hat der Einsatz von RPA-Technologie im Bereich Treasury zu einer Reduktion von zwei Stunden manueller Tätigkeit pro Tag geführt, was den Kollegen mehr Zeit für wertstiftendere Tätigkeiten einräumt. Solche einzelnen Digitalisierungsprojekte machen die Vorteile des Wandels sichtbar und schaffen frühzeitig Akzeptanz.

WAS BEDEUTET FINANCE 4 DB FÜR DIE MITARBEITER DES FINANZBEREICHS?

HEINRICHS / Sie werden sich und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und innerhalb des Unternehmens an Bedeutung gewinnen. Dank einfacher, intuitiver Anwendungen, die zum Beispiel wie Apps funktionieren, werden die IT-Systeme nutzerorientierter. Inhaltlich wird die konzernweite Governance bei den Themen Standardisierung, Automatisierung und transparente Datenstrukturen für die Mitarbeiter ebenso relevant wie der Aufbau von Data-Science-Kompetenzen. Auf diese Aufgaben bereiten unter anderem digitale Lernmodule, Impulsvorträge und Trainingseinheiten vor. Zudem fördern wir die stärkere Vernetzung innerhalb der Finanzfunktion und im DB-eigenen Digitalisierungs-Ökosystem. Von den Führungskräften erwarten wir, dass sie den Wandel aktiv gestalten, indem sie Freiräume für agiles Arbeiten schaffen und digitale Kommunikationskanäle aktiver nutzen.

WO STEHT IHRE FINANZORGANISATION IN DREI JAHREN?

HEINRICHS / Ich sehe eine innovative, veränderungsstarke und kundenorientierte Funktion. Aktuell steht der mit FINANCE 4 DB eingeleitete Transformationsprozess allerdings noch ganz am Anfang. In diesem ersten Schritt spielt es für mich eine entscheidende Rolle, dass wir auf dem Weg zum Ziel unsere grundsätzliche Haltung gegenüber Veränderungen selbst verändern. Denn der anstehende Wandel ist gleichermaßen Chance und Verpflichtung.

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