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Cash- und Liquiditätsmanagement in der Praxis – Finanzielle Resilienz erhöhen

CFOs und Treasurer fokussieren sich infolge der Covid-19-induzierten Krise verstärkt auf die nachhaltige Sicherung der finanziellen Beweglichkeit ihrer Unternehmen. 62 Prozent aller Entscheider auf C-Level halten die Verbesserung des Liquiditätsspielraums für wichtig oder sehr wichtig, um die Resilienz ihrer Organisation im Finanzbereich zu erhöhen. Zahlreiche Entscheidungsträger sehen zudem die Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung als einen zentralen Baustein, um ihr Unternehmen besser für die Zukunft aufzustellen. 92 Prozent beurteilen die Ausschöpfung dieser Potenziale in allen Unternehmensbereichen als relevant oder sehr relevant.

Dies sind zentrale Erkenntnisse unserer CxO-Studie, für die wir im Frühjahr mehr als 200 Geschäftsführer und Vorstände internationaler Unternehmen befragt haben. Verknüpft man nun diese beiden Prioritäten des Managements, dann stellt sich die Frage, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden können, um die finanzielle Resilienz zu erhöhen. Zur Beantwortung dieser Frage ist es essenziell, sich zunächst einmal die Treiber anzuschauen, die innerhalb der Themengebiete wirken und Einfluss auf das Corporate Treasury haben.

Umsatzausfall als Haupttreiber für zusätzlichen Liquiditätsbedarf

Gemäß einer Umfrage des Verbandes deutscher Treasurer (VDT) aus dem Sommer 2020 liegen die wesentlichen Treiber für zusätzlichen Liquiditätsbedarf auf der Umsatzseite der Unternehmen. Der Wegfall von Umsatz wird als der Hauptgrund für diese Entwicklung genannt (48%), gefolgt von höherem Lagerbestand aufgrund schwindender Absatzzahlen (18%) sowie längerer Zahlungsziele für Kunden (16%).

Vor dem Hintergrund, dass die befragten Unternehmen aus der CxO-Studie im Durchschnitt erst 2022 eine Rückkehr der Umsätze auf das Vorkrisenniveau sehen (in einigen Branchen erst deutlich später), wird klar, dass die Priorität auf den finanziellen Spielraum nachhaltig sein wird. Treasurer müssen somit kurz- als auch langfristig die Entwicklungen im operativen Geschäft abschätzen können, um entsprechende (Gegen-) Maßnahmen zu initiieren und die richtigen Finanzierungsentscheidungen zu treffen.

Digitalisierung bietet Chancen für das Liquiditätsmanagement

Der technologische Fortschritt unterstützt das Treasury durch neue Entwicklungen, wie beispielsweise Web Services, Cloud Services, Integration neuer Datenquellen oder Analytics-Anwendungen, die in dieser Form vor wenigen Jahren noch nicht zur Verfügung standen. Heute müssen Lösungen nicht mehr innerhalb des Unternehmens verfügbar sein, sondern können bei Bedarf auch als externe Services genutzt werden.

Für das Liquiditätsmanagement ergeben sich dadurch insbesondere schnellere und flexiblere Auswertungsmöglichkeiten und somit mehr Transparenz über die aktuelle Situation sowie bessere Prognosemöglichkeiten für kurzfristiges Cash- und langfristiges Liquiditätsmanagement.

Interessant ist ebenfalls die Integration von Daten, die bis vor kurzem nicht oder nicht in einer geeigneten Form zur Verfügung standen. So können zum Beispiel im Bereich der Energieversorgung Wetter- oder Verkehrsdaten Aufschlüsse über die zu erwartenden Verbräuche und damit über zukünftige Umsätze geben.

Der alleinige Fokus auf interne Finanzdaten erlaubt es in der Regel nur bedingt, externe Schocks frühzeitig zu erkennen. Modelle, die externe Zeitreihen in die Prognose einbauen, können helfen, früher auf wichtige Entwicklungen aufmerksam zu werden und entsprechenden Vorlauf für Gegenmaßnahmen zu gewinnen. Voraussetzungen für die Nutzungen dieser nichtfinanziellen Daten, aber auch für die intelligente Prognose von Finanzdaten, sind leistungsstarke Analytics-Tools.

Abbildung 1: Chancen für das Liquiditätsmanagement ausgehend vom technischen Fortschritt

AI-Integration im Rahmen des SAP S/4 HANA Cash Forecast

Der Einsatz von Algorithmen oder künstlicher Intelligenz ist auf dem Vormarsch, um Daten auszuwerten und die Prognosequalität zu erhöhen. Oftmals erfolgt der Einsatz jedoch als „Insellösung“, was die Anwendbarkeit im Tagesgeschäft einschränkt und die Akzeptanz reduziert.

Da viele Unternehmen derzeit bereits SAP S/4 HANA als ERP-System einsetzen bzw. im Prozess der Einführung sind, haben wir von Horváth & Partners eine Lösung für diese technische Plattform entwickelt, die es ermöglicht, AI-Methoden im Rahmen des Cash-Forecast-Prozesses zu integrieren und die Ermittlung zur Laufzeit zu optimieren.

Unternehmen können somit durch den Einsatz von AI-Methoden ihre Prognosefähigkeit in Bezug auf Liquidität erhöhen, ohne dass hier zusätzliche Arbeitsschritte von der Treasury-Abteilung im täglichen Umgang mit der Lösung erforderlich sind.

Abbildung 2: Integration der Horváth & Partners AI-Lösung in den Standard-Cash-Management-Prozess

Die Lösung kann um Planungsdaten erweitert werden und somit nicht nur für das kurzfristige Cash Management, sondern auch für einen erweiterte Horizont im Liquiditätsmanagement genutzt werden.

Integrierte Prozesse sind wesentliche Voraussetzung

Technische Lösungen sind jedoch kein Allheilmittel. Die Erfahrung aus zahlreichen Projekten zeigt, dass Treasury-Abteilungen oftmals zu wenig in End-to-End-Prozesse eingebunden sind und damit wertvolle Informationen nicht zur Verfügung stehen.

Im Cash- und Liquiditätsmanagement sind vorgelagerte Prozesse aus dem Vertrieb sowie der Beschaffung oder aus anderen operativen Bereichen vielfach der Ausgangspunkt für die Abschätzung zukünftiger operativer Cashflows. Den Treasurer in diese Prozesse bereits in der Konzeption miteinzubeziehen, hilft Unternehmen dabei, sich flexibel und zukunftsorientiert aufzustellen.

Die Nutzung dieser und ggf. weiterer interner Quellen zur Informationsgewinnung ist ein wichtiger Baustein für eine aussagekräftige Prognose der zukünftigen finanziellen Entwicklung.

Abbildung 3: Integration des Treasurers in vorgelagerte Prozesse

Denken in Szenarien für wirksame Maßnahmen

Die Prognosefähigkeit aller Modelle nimmt mit zunehmendem Prognosehorizont ab. Dies ist auf Veränderungen der Rahmenbedingungen, disruptive Entwicklungen sowie Auswirkungen der eigenen Unternehmensentscheidungen im Zeitablauf zurückzuführen. Konkrete Prognosen werden dadurch erschwert bis unmöglich. Szenarioanalysen können helfen, den Einfluss von Veränderungen wesentlicher Parameter auf die finanzielle Entwicklung zu verstehen und einen Lösungsraum aufzuzeigen. Dadurch fällt es leichter, entsprechende Handlungsoptionen im Vorfeld zu erkennen und für sich zu bewerten.

Covid-19 hat gezeigt, dass schnelles und gut durchdachtes Gegensteuern essenziell ist, um erfolgreich mit Krisensituationen umzugehend. Die frühzeitige Beschäftigung mit Szenarien und Handlungsoptionen unterstützt dabei, in diesen Fällen schnell wirksame Maßnahmen zu ergreifen.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Gerne zeigen wir Ihnen die Möglichkeiten auf, wie Digitalisierung und Prozessintegration Ihr Liquiditätsmanagement optimieren können. Wir entwickeln gemeinsam ein konkretes Zielbild und setzen dieses mit Ihnen um. Sprechen Sie uns an!