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Wird Reporting zu einer Fachdisziplin der IT?

Steigende technische Möglichkeiten im Reporting erfordern ein immer stärkeres Verständnis von Tools und technischen Zusammenhängen. Gleichzeitig können immer mehr fachliche Fragen bereits durch die Systeme direkt beantwortet werden. Die Zusammenarbeit zwischen Controlling und IT wird dabei zur Gretchenfrage. Drei Eckpunkte markieren eine Lösung.

Controller kennen das Problem: Ein schönes neues Power BI-Dashboard muss kurzfristig angepasst werden. Eigentlich keine große Sache. Zwei neue KPIs und eine Änderung der Darstellung sollen schnell umgesetzt werden.

So einfach wie es auf den ersten Blick erscheint, ist dies jedoch leider oft nicht. Die komplexen Reporting- und BI-Tools müssen beherrscht werden. Dabei muss der Controller nicht nur die Datenanbindung, sondern letztlich das gesamte konzeptionelle Datenmodell im Blick haben. Um einen neuen KPI für ein regelmäßiges und automatisiertes Reporting einzuführen, ist im einfachsten Falle eine neue Abfrage aus dem Data Warehouse erforderlich. Möglich ist aber auch, dass komplexe Anpassungen des Datenmodells notwendig werden. Beides sind Aufgaben, die typischerweise der Fachbereich IT übernimmt.

Nun sind die IT-Bereiche vieler Unternehmen, im Speziellen bei Versicherern, chronisch stark ausgelastet. Anfragen haben vielfach sehr lange Vorlaufzeiten. Dies führt zu einer wichtigen Frage: Kann das Controlling sein „Daily Business“ und eines der Hauptprodukte, das Management-Reporting, noch flexibel und adressatengerecht durchführen? Und: Wie könnten Lösungen für diese wachsende Herausforderung aussehen?

Der radikale Ansatz: Die Ownership für die Data Production direkt bei der IT

Ein naheliegender Gedanke ist, das Reporting in die direkte Verantwortung der IT zu geben. Dies bewirkt, dass diese nicht die bisherige Servicefunktion innehat, sondern die Ownership übernimmt. Somit würden Kapazitäten und technische Fähigkeiten zur Verfügung stehen. Reporting wäre eine originäre Aufgabe der IT. Allerdings verlässt damit die sensible Aufgabe der Bereitstellung von Steuerungsinformation den Bereich der Steuerungsexperten – selbst wenn Analyse und Kommentierungen weiterhin im Controlling durchgeführt werden.

Der innovative Ansatz: Eine agile und fluide Finanzorganisation im Reporting

Eine zweite Option ist, das Reporting zu professionalisieren, indem eine übergreifende Prozessverantwortung geschaffen wird, die das Reporting für sämtliche Fachbereiche übernehmen kann. Dies reicht von der Datenbeschaffung bis zum fertigen Dashboard. Es kann somit eine einheitliche Qualität und eine zügige Anpassung der Datengrundlage sichergestellt werden.

Die fluide Organisation wird dabei von drei Gestaltungsprinzipien getragen:

  1. Agilität und selbststeuernde Teams, um die Komplexität zu beherrschen (z.B. getrennte Teams für Requirements Engineering und Operations)
  2. Rollenbasierung, um Effizienz in End-to-end-Prozesse zu bringen (z.B. getrennte Teams für Business Partnering und Production)
  3. Virtuelle Kooperation von IT und Fachbereich in den Squads und Tribes des „Process Owners Reporting“ (z.B. ein virtuelles gemeinsames Operations-Team)

Grundsätzlich müssen sich alle Versicherer Gedanken über die künftige Zusammenarbeit zwischen dem Controlling und der IT machen. Eine gemeinsame Strategie mit klaren Rollen, Verantwortlichkeiten und Prozessen muss erarbeitet werden. Dabei wird es für jedes Unternehmen eine optimale, aber sehr individuelle Lösung geben. Im Ergebnis wird es aber nicht darum gehen, ein „hier oder dort“ zu entscheiden, sondern Wege zu finden, die Zusammenarbeit zwischen den Funktionsbereichen zu verbessern. Wir schlagen vor, das Reporting agil, prozessorientiert und funktionsbereichsübergreifend in einer Tribe Finance Production zu verankern.

Aktuelles: Die Corona-Krise zeigt deutlich, wie wichtig eine schnelle Anpassungsfähigkeit im Reporting ist. Eine sich laufend verändernde Situation benötigt schnelle Reaktionen und eine adressatengerechte Aufbereitung der Informationen. Horváth & Partners hat hierzu ein Dashboard aufgebaut, um die aktuelle Situation und eine KI-unterstützte Einschätzung zur weiteren Entwicklung darzulegen. Das Dashboard finden Sie hier.

Wiegard, M. / Kreischer, A.