Gastbeitrag Prof. Dr. Andreas Moring, BiTS

Die digitalen Vorarbeiter des Vertriebs

Die zielgerichtete und passende Ansprache der Kunden ist möglich – wenn der Vertrieb in die Lage versetzt wird, Kundendaten umfassend auszuwerten und sie mit Kennzahlen zu verknüpfen. Geht diese strukturierte Analyse der Daten Hand in Hand mit aussagekräftigen, praxistauglichen Handlungsanweisungen, ist die Digitalisierung eine der wichtigsten erfolgsrelevanten Stellschrauben für den Vertrieb.

Flexible, geordnete Datenbankbestände und Datenstrukturen ermöglichen es dem Vertrieb, digitale Tools effizient zu nutzen. Unterschiedliche Filteralgorithmen und semantische Datenbankmodelle formen die Bestände einer Datenbank auf ein bestimmtes Erkenntnis- oder Vertriebsziel hin. Mit diesen analysierten und aggregierten Informationen kann der Vertrieb effizienter an Unternehmenszielen und Kundenbedürfnissen ausgerichtet werden.

Über Clustering von Datenbeständen, Beziehungserkennung und Musteranalysen (Predictive Analytics) ist es möglich, künftiges Kundenverhalten vorherzusagen, verschiedene Szenarien für Kundensegmente und Märkte zu bewerten sowie klare Empfehlungen zu den passenden NBAs (Next Best Actions) für den Vertrieb zur Verfügung zu stellen.

VERSTÄNDLICHE AUFBEREITUNG

Damit das in der Praxis funktioniert, müssen die Daten und die Ergebnisse ihrer Analysen so verfügbar gemacht werden, dass sie nicht nur für darauf spezialisierte Wissenschaftler, sondern vor allem für Vertriebsexperten schnell verständlich und nutzbar sind. Wichtig dafür ist in erster Linie das Information Design, das sich an den jeweiligen Vertriebszielen orientiert und es so dem Vertrieb überhaupt erst ermöglicht, die Datenanalysen in der Praxis zu nutzen. Auswahl und Definition von Ablageprinzipien, Cache-Technologien und entsprechende semantische Datenmodelle sind der Schlüssel zu einer effizienten Datenanalyse und Präsentation der Ergebnisse.

Die grafische Benutzeroberfläche, die Vertriebsinformationen bereitstellt, ist dabei die entscheidende Stelle, an der digital-maschinelle Analyse auf menschliche Kompetenz trifft. Denn Vertriebsmaßnahmen optimal zu gestalten und persönliche Kontakte mit Kunden zu pflegen sind keine technischen Fragen, sondern gehören zu den Kompetenzen der Vertriebsmannschaft.

Im Pre- und After-Sales-Bereich lässt sich Wertschöpfung signifikant steigern. Dazu ist die Analyse von Kundendaten mit Kennzahlen zu verknüpfen.

„TECHNICAL SALES FORCE“ AUF DEM VORMARSCH

Der Aspekt der sich verändernden Mensch-Maschine-Interaktion wird bei der faszinierenden Fülle an technischen Optionen und „Zaubereien“ im Vertrieb gerne übersehen. Maschinen und Technologien umfassen nicht mehr nur die bisher gewohnten Tools und Programme, sondern werden zu teilweise autonomen Vorarbeitern der „Human Sales Force“ in Unternehmen. Künstliche Intelligenz und Bots, die auf Basis von Datenbeständen und deren Auswertung agieren, werden zunehmend neben die Vertriebsmitarbeiter treten. Die „Technical Sales Force“ bestimmt also nicht nur weite Teile der Vor- und Zuarbeit des aktiven Vertriebs, sondern mischt sich aktiv ein.

Das ist auch notwendig: Denn die Mengen an Daten, die zur Auswertung und Analyse genutzt werden, sowie die Fülle an Informationen, die sie hervorbringen, können nicht mehr allein vom Menschen bewältigt und sinnvoll genutzt werden. Größere Informationsmengen überfordern die Menschen, während Bots und Rechner dagegen umso effektiver und leistungsfähiger werden, je mehr Datenmaterial sie zur Verfügung haben.

Durch diese Entwicklungen werden Informationen und Kundenbeziehungen immer weiter individualisiert. Allgemeine Vertriebskampagnen für ein Kundensegment zerfallen in immer spezifischere Teile. Das differenziert nicht nur die Kommunikation mit dem Kunden, sondern auch die Wege, Informationen über ihn zu gewinnen. Das Fazit ist, dass keine noch so große Mannschaft im Vertrieb in der Lage ist, das zu leisten – weder zeitlich noch quantitativ oder qualitativ.

VERÄNDERUNG DER WERTSCHÖPFUNG IM VERTRIEB

Organisiert man hingegen die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine neu, können sich die Strukturen der Wertschöpfung im Vertrieb verbessern. Im Pre-Sales-Bereich beispielsweise steigt die Wertschöpfung, wenn es gelingt, Kunden individuell anzusprechen und passende Angebote zu machen. Gleiches gilt für den After-Sales-Bereich: Individualisierte Services und nutzerorientierte Kommunikation können Kunden binden und deren Loyalität fördern, oftmals verbunden mit einer erhöhten Zahlungsbereitschaft und damit neuen Erlösquellen für Unternehmen.

PROF. DR. ANDREAS MORING
leitet den Hamburger Campus der BiTS (Business and Information Technology School) mit den Studiengängen Digital Business & Data Science sowie Communication & Media Management. Seine Fachgebiete sind Innovationsmanagement und die Entwicklung von Online-Geschäftsmodellen. Vor seiner Berufung an die BiTS war Andreas Moring für das Verlagshaus Axel Springer tätig, arbeitete als Unternehmensberater sowie bei einer Medienholding in Deutschland und Europa.

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